SCHREIBEN IM ANGESICHT DES TODES // DISSERTATION VON ANDA-LISA HARMENING

Aus: KW.FORSCHT: KULTURWISSENSCHAFTLER*INNEN UND IHRE PROJEKTE
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Während eines Praktikums in Florenz und durch die ihr dort gegebenen Möglichkeiten, hat sich Dr.in Anda-Lisa Harmening entschieden zu promovieren. Dass ihr das vertiefte Arbeiten an und mit Texten, die Quellenarbeit und das Argumentieren viel Freude bereitet, wusste sie jedoch bereits durch ihre Masterarbeit. Und auch das Thema reifte früh. Dass auch Kaffee hilft, eine Diva zu bändigen, erzählt sie uns selbst. Viel Freude beim Lesen (und Hören).

"Ich kam irgendwann nicht mehr um meine Dissertation herum"

In welchem Fach promovieren Sie?

Ich wurde im Fach Komparatistik/Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften promoviert.

Aus welchem Grund/welchen Gründen promovieren Sie?

Ich habe aus der Leidenschaft zu meinem Dissertationsthema heraus angefangen zu promovieren. Ich spürte, dass es noch einen Themenbereich gibt, zu dem ich länger und vertiefter arbeiten möchte und mit dem ich in der Masterarbeit erst anfangen konnte. Meinem Gefühl nach konnte ich im Rahmen der Masterarbeit eher grundlegend und anhand von einem oder zwei Beispielen meinen Thesen nachgehen. Diese Vorüberlegungen wollte ich gerne tiefergehend verfolgen. Im Zuge der Recherche zu meinem Masterarbeitsthema haben sich dann stetig weitere Blickpunkte ergeben, die ich in Form der Dissertation weiterbearbeiten wollte.

Gab es einen entscheidenden Moment, in dem Sie sich für die Promotion entschieden haben?

Tatsächlich kann ich diesen Moment recht genau benennen: Es war an einem sonnigen Vormittag während meiner Praktikumszeit am Kunsthistorischen Institut in Florenz. Ich durfte zu der Zeit mit wissenschaftlichen Texten arbeiten. Meine Aufgabe war das Lektorat, allerdings hat mir mein damaliger Vorgesetzter ermöglicht recht tief in die Texte, deren Argumentation und Quellen einzusteigen. Parallel schrieb ich an meiner eigenen Masterarbeit und spürte, wie viel Freude ich an dem konzentrierten Arbeiten mit Texten hatte. Damals habe ich einen sehr guten Vorgeschmack auf intensives wissenschaftliches Arbeiten bekommen.

Schreiben im Angesicht des Todes. Cover Dissertation

Wie finanzieren Sie Ihr Promotionsprojekt?

Mein Promotionsprojekt wurde über ein Stipendium der Forschungskommission der Universität Paderborn finanziert. Parallel durfte ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Dekanat der Fakultät für Kulturwissenschaften arbeiten und die Gründung des nun entstandenen Graduiertenzentrums KW vorbereiten. Somit durfte ich zum einen mit einer gewissen finanziellen Sicherheit promovieren und habe trotzdem berufliche Praxiserfahrung sammeln dürfen.

Welchen aktuellen Titel hat Ihre Arbeit?

Schreiben im Angesicht des Todes – Poetologie(n) des Sterbens von 1968 bis heute

Wie oft haben Sie Ihren Arbeitstitel geändert?

Schätzungsweise an die zehn Mal, irgendwann habe ich aufgehört zu zählen ;-)

Könnten Sie Ihr Projekt in 2-3 Sätzen beschreiben?

Meine Dissertation fragt ganz grundsätzlich danach, wie sich über das eigene Sterben oder das Sterben eines nahen Angehörigen sprechen respektive schreiben lässt und welche Schreibweisen die Autor*innen für diese Art von Erzählungen (Sterbeerzählungen) wählen. Dabei spielt die Frage nach einem möglichst selbstbestimmten Sterben eine zentrale Rolle.

Wo findet sich Ihr Thema im Alltag anderer Menschen wieder?

Da ich über das Sterben promoviert wurde, findet sich dieses Thema an und für sich wohl leider in jede*rmanns/frau Leben wieder. Das Erzählen (in literarischen Texten), im Sinne der sogenannten writing cure, ist ein therapeutisches Mittel, das auch in vielen der Primärtexte, die ich analysiert habe, eine große Rolle spielt. Ich könnte mir vorstellen, dass sich viele Menschen in dieser therapeutischen Auseinandersetzung und auch in dem Versuch Worte für den Verlust zu finden, wiederfinden werden sowie in dem Trost, der sich mit dem Erzählen der eigenen Geschichte verbindet.

Was glauben Sie, wer wird Ihre Arbeit einmal lesen?

Hoffentlich werden Studierende und andere interessierte Kolleg*innen, die zu ähnlichen Themen forschen, meine Arbeit einmal lesen. Das würde mich sehr freuen.

Welches Bild sehen Sie vor sich, wenn Sie an das Ende Ihrer Promotionsphase denken?

Ich sehe meinen Fußboden vor mir, auf dem hunderte von Seiten Papier und Stapel voll Bücher liegen. Ich habe sie alle gelesen und ich werde sie alle nicht mehr lesen müssen.

Was hätten Sie mit Blick auf die Promotionsphase gerne vorher gewusst?

Dass es in Ordnung ist, wenn man hunderte von ausformulierte Seiten “entsorgt”, denn oftmals ist es gut sie trotzdem geschrieben und damit ja auch gedacht zu haben.

Was empfehlen Sie anderen Promovierenden, um die Promotionsphase bestmöglich zu meistern?

Zeitmanagement, intrinsische Motivation, aber vor allem guten, starken Kaffee und das Ziel vor Augen, dass es sich absurd schön anfühlen wird, wenn man das erste Mal zitiert wird.

Was lieben Sie (nicht) an Ihrer Dissertation?

Dass sie so viel Aufmerksamkeit möchte, die kleine Diva.

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Wir danken Dr*in Anda-Lisa Harmening für die Beantwortung des Fragenbogens im Juli 2022.

Sprachnachricht von Dr.in Anda-Lisa Harmening

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KULTURWISSENSCHAFTLER*INNEN UND IHRE PROJEKTE

In dieser Reihe verraten Promovend*innen, Post-Docs und Juniorprofessor*innen, was sie zur Wissenschaft geführt hat, welche Hürden sie auf dem Weg zu ihren Qualifikationszielen überwinden müssen und was sie an ihren Projekten begeistert.