SILOGESPRÄCHE Online-Projekt

In diesem Sommersemester sollte eine neue Reihe der SILOGESPRÄCHE zum Thema Atelier im 21. Jahrhunderts - Offen, Digital, Spezialisiert? im Fach Kunst an der Universität Paderborn starten. Nun ist alles ganz anders gekommen, aber das Interesse, die Themen und Fragen rund um das Atelier sind geblieben. Die universitäre Präsenzlehre wird gegenwärtig durch digitale Formate ersetzt. Die Ermöglichung von spontanen Diskussionen, die Anleitung zu einem Denken in Konstellationen, das Initiieren von Prozessen sind dadurch nur eingeschränkt möglich. Aber nicht unmöglich.

Ausgehend vom allgemeinen Strukturwandel durch Globalisierung und Digitalisierung hat die aktuelle Atelierform seit der Jahrtausendwende eine tiefgreifende Umgestaltung erfahren. Damit eng verbunden sind Tendenzen von Spezialisierung und Ausdifferenzierung sowie von rigiden Exklusionsmechanismen. Angesichts der Corona-Pandemie, die seit Februar auch Europa auf eine völlig ungekannte Art und Weise betrifft und eine Reihe von administrativen Maßnahmen wie Isolation, Begrenzung und Bescheidung, Quarantäne und Teleheimarbeit (Homeoffice) auslöste, scheinen sich Relationen von Zeit und Raum, von Künstlerinnen-Ich und Handlungsabläufen im Atelier noch einmal zugespitzt, ja möglicherweise ganz neu konstelliert zu haben. Das zurückgezogene Genie in der geheimnisvollen Ideenschmiede, in der Zwiesprache mit den eigenen Visionen gehalten wird? Werden die Künstler (wieder) zu jenen aus der Öffentlichkeit isolierten Persönlichkeiten, die den Dialog zwischen solitärer Innen- und Außenwelt neu entfachen? Etablierung eines Blick-Universums? Back to the roots? Oder: Revitalisierung von Atelier-Mythen, die im digitalen und zugleich unberechenbaren 21. Jahrhundert Authentizität erlangen? Re-Lektüre von Ästhetiktheorien und Atelier-Diskursen? Das Atelier als Emergency-Room?

Mit einer spontanen Neu-Konzipierung der SILOGESPRÄCHE als Online-Projekt zum Thema „Was machst Du gerade?“ oder: Bilder aus dem Atelier in Zeiten von social distancing (2020) reagieren wir auf diese Situation. Mit der Frage »Was machst Du gerade?« soll es nicht um ein voyeuristisches Interesse am privaten Leben von Künstlerinnen und Künstlern gehen. Motiviert von einem Interesse an zeitspezifischen mentalen Dispositionen in Krisenzeiten geht es vielmehr um die Auswirkungen von social distancing, d.h. von Abstandhalten auf kreatives Denken und Arbeiten, das sich nun verstärkt auf den Atelierraum fokussiert und möglicherweise eine neue Qualität von Zeit und Raum, vor allem aber eine (neue) Nähe zu den Dingen und Materialien bewirkt (Aufmerksamkeitsökonomie)?

Künstlerinnen und Künstler, die Gäste der Silogespräche in den vergangenen Jahren waren, sind gebeten worden, auf diese Frage mit einem Foto oder Essay aus dem Atelier zu antworten. Die Ergebnisse finden sich hier und auf Instagram unter @silogespraeche. Es ist eine abschließende Publikation geplant (Edition Imorde, Herbst 2020). Ankündigung als pdf.