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Von Grund auf UNESCO

Heiß begehrt, aber auch heiß umstritten - der Status als Weltkulturerbe der UNESCO. Die Diskussion um die Waldschlösschenbrücke in Dresden hat gezeigt, dass es durchaus schwierig ist, Weltkultur zu erklären, zu bestimmen und auch zu schützen. Hilfe könnte diesbezüglich kommen aus Cottbus und demnächst aus Paderborn, denn dort gibt es Studiengänge zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Ulrike Burgwinkel im Gespräch mit Marie-Theres Albert und Eva-Maria Seng | 13.08.2008
    Ulrike Burgwinkel: Nächstes Jahr feiern Sie, Frau Professor Marie-Theres Albert, das zehnjährige Bestehen Ihrer World Heritage Studies an der BTU, und im Oktober geht es los bei Ihnen, Frau Professor Eva-Maria Seng an der Uni Paderborn. Herzlich willkommen Sie beide.

    Marie-Theres Albert: Danke schön.

    Eva-Maria Seng: Danke.

    Burgwinkel: Frau Albert, sozusagen Sie als die Dienstältere, wie sieht denn Ihr Studiengang aus?

    Albert: Unser Studiengang hat ein Konzept, was auf der Grundlage der 1972er-Welterbekonvention beruht. Das heißt, wir haben vier Bereiche, die auch in der Weltkulturerbekonvention ausgewiesen sind, nämlich einmal das geistige, gedankliche Konzept und die gedanklichen Hintergründe für das Welterbe. Dann haben wir zwei eher technische Bereiche, die von der Erbekonvention vorgesehen sind, nämlich das direkte Erbe, also das materielle Erbe zu schützen, aber auch die Natur zu schützen. Und dann haben wir einen vierten Bereich, in dem wir versuchen, Schwerpunkte zu setzen, die das Management von Welterbe betreffen.

    Burgwinkel: Und Frau Seng, wie sieht es bei Ihnen aus? Welche Gewichtung haben Sie in Paderborn für Ihren Studiengang?

    Seng: Der Studiengang an der Universität Paderborn wird sich wie üblich jetzt im neuen Bologna-Prozess in vier Semestern gliedern als ein normaler Master-Studiengang, wobei die ersten drei Semester die Bereiche Grundlagen, Überblicke, Anschauung, Vermittlung und Dokumentation, Kulturrecht und Kulturmanagement umfassen. Dann ein weiterer Bereich, die Vertiefungsmodule vier bis neun werden das materielle Kulturerbe, das immaterielle Kulturerbe, Erinnerungskulturen, Ausstellungswesen, Kulturschutz und Management, internationale Organisationen und Interkulturalität umfassen. Im dritten Semester werden die Studierenden ein Auslandssemester absolvieren an einer ausländischen Hochschule, die über einen ähnlichen Studiengang verfügt, wie etwa die Istanbul University oder die Sorbonne in Paris oder eine englische Universität in Norwich. Im vierten Semester kehren die Studierenden dann nach Paderborn zurück und werden eine Projektphase durchlaufen mit allen Institutionen, die mit uns kooperieren. Das können Museen, internationale Organisationen sein, Kulturinstitutionen. In diesen Bereichen werden die Studenten ein eigenständiges Projekt erarbeiten, das kann ein Katalog sein, das kann eine Ausstellung sein, das kann auch sonst ein Projekt sein. Und dann mündet das Ganze in den Abschlussbereich der Masterarbeit.

    Burgwinkel: Bei Ihnen Frau Albert kommt aber die Praxis sicherlich auch nicht zu kurz. Die Projektarbeit hat Frau Seng gerade beschrieben, wie sie in Paderborn vorgesehen ist.

    Albert: Nein, in keiner Weise. Also unser Konzept ist ein etwas anderes als das, das Frau Seng gerade vorgestellt hat. Wir haben nicht einen strukturellen Aufbau der sich also nach Semestern oder Jahren richtet, sondern wir haben einen modularen Aufbau, in den eingebunden sind natürlich auch die praktischen Phasen. Wir haben auch zwei ausgesprochen interessante Studienprojekte. Wir haben auf Grund der neuesten Akkreditierung ein zwölfwöchiges oder dreimonatiges freiwilliges Praktikum. Und wir haben natürlich für dieses Praktikum, aber auch für unsere Studienprojekte internationale Vernetzungen, in die die Studenten dann auch gehen, sei es denn im Rahmen eines Auslandsstudiums oder sei es eben auch im Rahmen des Studienprojektes oder auch der Praktika. Unser Studiengang ist von vorneherein international angelegt. Das heißt, wir sind aufgestellt im internationalen Rahmen. Wir haben also Studierende aus der ganzen Welt, aus mehr als 30 Ländern, die sich alle um das engere Thema von Welterbeschutz und Welterbenutzung, wie ich eben schon sagte, auf der 72er-Konvention ausbilden lassen.

    Burgwinkel: Jetzt haben wir versucht, die Unterschiede klar zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass es eine große Gemeinsamkeit gibt, nämlich die Frage danach, wen möchten Sie ansprechen, wen möchten Sie gerne bei sich an der Universität in Ihrem Studiengang sehen, Frau Albert?

    Albert: Also wen wir gerne sehen möchten, oder sagen wir mal, wer in unser Profil gut hineinpasst, das sind eigentlich alle geistes- und sozialwissenschaftlich ausgebildeten jungen Leute, entweder direkt nach ihrem ersten Studium, weil es ja auch ein Master-Studiengang ist, oder eben auch mit einem Spektrum an Berufserfahrung. Das sind die, die von uns als Zielgruppe identifiziert worden sind.

    Diejenigen, die mit den besten Ergebnissen hier abgeschnitten haben, die inzwischen auch Repräsentanten im Welterbekomitee übrigens auch sind, das sind Leute, die mit einer Berufsausbildung, also einem Studium, einem Bachelor-Studium und dann einer Berufstätigkeit zu uns kommen. Also nicht mehr die ganz, ganz jungen, sondern die, die schon ein bisschen Lebens- und Berufserfahrung mitbringen, das sind die, die am schnellsten fertig sind, das sind die, die auch immer wieder schnell nach Hause gehen, und das sind die, die auch erfahrungsgemäß ganz, ganz, ganz erfolgreich berufstätig geworden sind. Beispielsweise haben wir eine junge Ehemalige oder derzeitige Alumni, die derzeit für den Staat Bahrain im Welterbekomitee über die Dresdner Brücke übrigens mit entschieden hat.

    Burgwinkel: Ich denke, Frau Seng, solche Teilnehmer würden Sie sich auch wünschen für Ihren Studiengang, oder blicken Sie doch auf eine etwas andere Zielgruppe?

    Seng: Nein, der Studiengang richtet sich als Angebot an den ganzen Bereich der Geisteswissenschaften und der Sozialwissenschaften. Da es sich um einen Masterstudiengang handelt, muss ein erster berufsqualifizierender Abschluss, also ein Bachelor vorhanden sein. Das kann natürlich auch kombiniert sein mit weiteren beruflichen oder sonstigen Tätigkeiten, aber in der Tat muss ein erster berufsqualifizierender Abschluss vorliegen. Und hier insbesondere aus den Bereichen Kunstgeschichte oder aus einem Fach des kulturwissenschaftlichen Bereiches, das kann sein Geschichte, Germanistik oder eine Fremdsprachenphilologie, das kann auch Architektur, Ethnologie, Soziologie sein, eben ein Abschluss aus diesem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften.

    Burgwinkel: Dann hätte ich für Ihre Teilnehmer, beziehungsweise Absolventen auch eine schöne Aufgabe: Sie könnten sich dann mal widmen dem Weltkulturerbe vielleicht Havellandkanal. World Heritage Studies an der BTU Cottbus und Weltkulturerbe an der Uni Paderborn. Dank an Marie-Theres Albert und Eva-Maria Seng.

    Links zum Thema:

    Masterstudiengang Kulturerbe an der Uni Paderborn
    "World Heritage Studies" an der BTU Cottbus