Laufende Projekte

Teilstudie 1: Forschendes Lernen im Referendariat (2021-2022)

Forschendes Lernen mit der Zielsetzung der Anbahnung einer forschenden Grundhaltung gilt als vielversprechendes Lehr-Lernkonzept zur Verknüpfung von Theorie und Praxis und zur Unterstützung professionellen Lehrkrafthandelns (z.B. Fichten & Weyland, 2019; Wissenschaftsrat, 2001) und wurde im Zuge der Einführung des Praxissemesters in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015 verpflichtend eingeführt. Obwohl es seitdem zunehmend beforscht wird, fehlen Untersuchungen, welche (1) die Rolle Forschenden Lernens in den weiteren Phasen der Lehrkräftebildung und (2) die Stabilität, Entwicklung und gelingende Anbahnung einer forschenden Grundhaltung in der lehrberuflichen Ausbildung und beruflichen Laufbahn fokussieren. Hier setzt das Forschungsprojekt an, in dem der Fokus auf Forschendes Lernen und die forschende Grundhaltung im Ausbildungs- und Erwerbsverlauf gelegt wird. Im Rahmen der Teilstudie 1 werden nach ca. der Hälfte des Referendariats Interviews mit Referendar*innen geführt, die im Praxissemester ein Lehr-Lernkonzept zu Forschendem Lernen durchlaufen haben. Die Daten werden mittels der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet, um u.a. die folgenden Fragen zu beantworten: Welches konzeptuelle Wissen bzgl. Forschenden Lernens zeigt sich bei den Referendar*innen? Welche Bedeutung schreiben sie der forschenden Grundhaltung für ihre aktuelle (Lern-)Praxis im Referendariat zu? Welche Erklärungsmuster und Zusammenhänge lassen sich für die subjektive Bedeutungszuschreibungen finden? In der zweiten Teilstudie wird der Längsschnitt erweitert und die Analysen auf die berufliche Einstiegsphase ausgeweitet. 

Laufzeit: 2021-2022

Finanzierung: Forschungsreserve der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn

Projektbezogene Publikationen:

Homt, M. & Bloh, B. (2023). Der formelle Diskurs Forschenden Lernens in der Lehrerbildung. Ein Blick zurück nach vorn. Lehrerbildung auf dem Prüfstand, 16(1), 114-131.

Bloh, B. & Homt, M. (2023). Forschungsperspektiven und -befunde zum Forschenden Lernen im Praxissemester. Plädoyer für eine Zielklärung. PraxisForschungLehrer*innenBildung. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung, 5(1), 116–133. doi.org/10.11576/pflb-6524

Nicht nur aufgrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine steht das demokratische Selbstverständnis in Europa spürbar unter Druck. Auch nationale Ereignisse (z.B. das Erstarken verfassungsfeindlicher Positionen in Parteien des Bundestags und der Landtage; extremistisch motivierte Anschläge in den letzten Jahren) verdeutlichen, dass ein demokratisches Selbstverständnis und damit verbundene Verhaltensweisen nicht bedingungslos vorausgesetzt werden können.

Eine demokratische Kultur und damit einhergehende Kompetenzen sollten in Bildungsprozessen gefördert werden. Auch die Hochschule als staatliche Institution und insbesondere die Lehrer*innenbildung spielen dabei eine wichtige Rolle (Aktionsrat Bildung, 2020; Avenarius & Hanschmann, 2019; KMK, 2018; KMK, 2019). Die Erwartung der Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur richtet sich zudem an alle (angehenden) Lehrpersonen und nicht ausschließlich an diejenigen mit einem Fach aus dem gesellschaftswissenschaftlichen Spektrum.

Dennoch gibt es nur sehr wenige Erkenntnisse dazu, ob Lehramtsstudierende diese an sie gerichtete Erwartung teilen und inwiefern sie sich auf die Erfüllung dieser Aufgabe vorbereitet fühlen. Studien zu diesen Fragestellungen sind lediglich für einen einzelnen Hochschulstandort (Dippelhofer, 2009) oder als retrospektive Daten (Schneider & Gerold, 2018) vorhanden. Diese Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich Lehramtsstudierende mehrheitlich zu wenig auf die Durchführung demokratiepraktischer Übungen vorbereitet fühlen bzw. die Ansicht äußern, dass Demokratiebildung als Thema im Studium nur einen geringen Stellenwert einnimmt (Dippelhofer, 2009, S. 59; Schneider & Gerold, 2018, S. 28). Das Forschungsprojekt „DemoKult“ knüpft an dieser noch wenig beforschten Ausgangslage an.

Es zielt mithilfe einer Online-Befragung von Lehramtsstudierenden an nordrhein-westfälischen Hochschulen im Zeitraum von Oktober 2023 bis März 2024 darauf ab, eine umfangreiche und aktuelle Datenbasis zu Überzeugungen und Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden zur unterrichtsbezogenen Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur zu erschaffen. Darüber hinaus verfolgt das Projekt das weiterführende Ziel, die Überzeugungen und Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden zur methodischen Umsetzung der unterrichtlichen Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur positiv zu verändern. Diesbezüglich werden Lehrmodule entwickelt, die in bestehende Seminarkonzepte integriert werden können. In den Lehrmodulen werden angehende Lehrpersonen neben der Vermittlung von Kenntnissen zu Kompetenzen für eine demokratische Kultur dazu angeleitet, demokratieförderliche Methoden für den Unterricht (z.B. zur Leistungsbeurteilung, demokratische Meinungsfindung) auszuprobieren. Dabei werden demokratische Kompetenzfacetten wie beispielsweise Kooperationsfähigkeit, Perspektivübernahme, Argumentationsfähigkeit, Respekt, Ambiguitätstoleranz und die Wertschätzung demokratischer Verfahren adressiert. Die Lehrmodule werden in Seminaren aus dem bildungswissenschaftlichen Studienbereich erprobt und in einer quasiexperimentellen Prä-Post-Follow-up Studie evaluiert.

Das Forschungsprojekt beinhaltet dementsprechend (1) die Entwicklung eines Fragebogens zur unterrichtsbezogenen Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur sowie dessen Einsatz bei Lehramtsstudierenden in Nordrhein-Westfalen und (2) die Erarbeitung von Lehrmodulen für Lehramtsstudierende zur methodischen Umsetzung der unterrichtlichen Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur. Darüber hinaus (3) die Erstellung von Materialien für diese Module, die in Zukunft von anderen Lehrenden frei genutzt werden können sowie (4) die Evaluation der Lehrmodule und der darin enthaltenen Methoden anhand eines eigens entwickelten Fragebogens sowie vertiefender schriftlicher Reflexionen.

Die geplante Laufzeit des Projekts beträgt drei Jahre (2022 – 2025). Das Projekt ist aus Eigenmitteln finanziert. Im Verbund mit der AG Forschungsmethoden der empirischen Bildungsforschung der Universität Münster finden Treffen zum Projektfortschritt im kolligialen Austausch statt.

Zudem finden im Kontext einer ideellen Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung in NRW Austauschtreffen mit dem Projektverbund "Demokratiefähigkeit bilden" statt.

Projektkoordination: Janis Wehde

Bisherige Publikationen im Rahmen des Projektes:

Wehde, J. & Bloh, B. (2023, September). Methoden zur Förderung von Kompetenzen für eine demokratische Kultur – Schriftliche Reflexionen von Lehramtsstudierenden aus bildungswissenschaftlichen Seminaren. Beitrag präsentiert auf der Tagung der Sektion Empirische Bildungsforschung in der DGfE an der Universität Potsdam.

Wehde, J. & Bloh, B. (2021, September). Die Förderung demokratischer Grundhaltungen als Teil professioneller Kompetenz angehender Lehrpersonen: Darstellung eines Forschungsvorhabens. Poster präsentiert auf der Tagung der Sektion Empirische Bildungsforschung in der DGfE an der Universität Mainz.

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In der aktuellen Ausgabe 06/2023 der lautstark. ist ein aktueller Interviewbeitrag von Prof. Dr. Bea Bloh und Janis Wehde zum Projekt DemoKult erschienen. Der lesenswerte und frei zugängliche Beitrag fokussiert ein demokratisches Lehr-Lern-Klima an Schulen und Hochschulen und greift in diesem Zusammenhang Teile des Projektes auf.

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Kontaktdaten der Projektbeteiligten:

Janis Wehde, M.A., Universität Paderborn
Institut für Erziehungswissenschaft
Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Deutschland
E-Mail: janis.wehde@upb.de
Tel: +49176 70932682

Prof. Dr. Bea Bloh, Universität Paderborn
Institut für Erziehungswissenschaft
Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Deutschland
E-Mail: bea.bloh@uni-paderborn.de
Tel: +49 5251 60-4339

Prof. Dr. Stefanie van Ophuysen, Universität Münster
Institut für Erziehungswissenschaft
Georgskommende 33, 48143 Münster, Deutschland
Tel: +49 251 83-24213