Studierende als Lesecoaches – Ein Praxisprojekt zur Leseförderung in der Grundschule

Das Lehr- und Forschungskonzept „Studierende als Lesecoaches – Ein Praxisprojekt zur Leseförderung in der Grundschule“ schließt an eine bereits bestehende Kooperation mit dem Grundschulverband Bonhoeffer-Heinrich an. In bisheriger Zusammenarbeit ist die Leseentwicklung von fünf Klassen (n=115) vom ersten bis zum dritten Schuljahr durch die informelle PaGeS-Leseerhebung (Drepper/Topalović 2019) nachskizziert worden (insgesamt zwei Erhebungen in jedem Schuljahr). Bereits im zweiten Schuljahr ist – auch aufgrund der pandemischen Situation – von Seiten der Lehrkräfte der Bedarf nach zusätzlicher Unterstützung beim Erwerb basaler Lesekompetenzen von Kindern am Ende der Grundschulzeit betont worden, sodass im Sommer 2020 das Projekt „Studierende als Lesecoaches – Ein Praxisprojekt zur Leseförderung in der Grundschule" als designbasiertes Lehr- und Forschungskonzept (vgl. für die Deutschdidaktik Dube/Prediger 2017) initiiert wurde. Die Methodologie des Design-Based Research (DBR) verfolgt das Ziel, Erkenntnisse über das Lehren und Lernen zu generieren und praxisbezogene Probleme, wie das Nichterreichen des Mindeststandards im Lesen von Kindern am Ende der Grundschulzeit (vgl. Ergebnisse aus dem IQB-Trend 2021 und PISA 2022), zu lösen. Entscheidend ist ein zyklisch iteratives Vorgehen, indem Ergebnisse evaluiert, reflektiert und weiterentwickelt werden. Dazu werden alle Akteure (Studierende, Kinder und Forschende) durch Feedbackrunden in den Entwicklungs- und Forschungsprozess miteinbezogen.
Im einem Projektseminar werden Masterstudierende der sprachlichen Grundbildung (Lehramt für Grundschulen oder Lehramt sonderpädagogische Förderung, Universität Paderborn) in der Auswahl, Analyse und Adaption von digitalen und analogen Lernangebote geschult, um anschließend – abgestimmt auf die durch die PaGeS-Leseerhebung erhobenen Lernstände der Kinder – Lernangebote auszuwählen. Diese werden anschließend in einer Praxisphase zur Leseförderung in der Grundschule von den Studierenden eingesetzt. In parallel stattfinden Reflexionsrunden im Seminarkontext werden praktische Fördersituationen gemeinsam diskutiert, sodass fachdidaktische Reflexionsprozesse angeregt werden. Ziel ist es, den Studierenden im Masterstudium der sprachlichen Grundbildung eine stärkere Theorie-Praxis-Verzahnung zu ermöglichen sowie sie dafür zu sensibilisieren, fachdidaktische Materialien theoriebezogen zu evaluieren. 

Projektfinanzierung: 5000€ (Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft)
6414€ (Forschungsreserve der Fakultät für Kulturwissenschaften)

Projektphasen

Ausgangspunkt der ersten Projektphase waren existierende Fördermaterialien zum analogen und digitalen Lesen (vgl. Topalovic 2020, Delgado et al. 2018). Diese Fördermaterialien differenzieren sich in ihrem methodischen sowie linguistischen Zugang zum Lesen (vgl. u. a. Barnieske 2020, Knopf 2019, Staiger/Krichel 2019, Bangel et al. 2017, Bertisch-Kaufmann/Graber 2016, Rechlitz et al. 2016, Rothstein 2013), sodass sie vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes im Seminar zunächst wissenschaftlich analysiert und kritisch reflektiert worden sind. Ausgehend von der Arbeit im Seminar ist eine fundierte und auf die individuellen Lernstände der Kinder abgestimmte Auswahl der Fördermaterialien erfolgt. Die Studierenden nutzten diese Fördermaterialien zum Ausbau basaler Lesefähigkeiten, um in enger Kooperation mit der Seminarleitung (Dr. Laura Drepper) einmal wöchentlich über 10 Wochen 30 Kinder der dritten Klasse, die nicht den Mindeststandard im Lesen erreichten, zu unterstützen. Im Anschluss an den Einsatz der Fördermaterialien ist ein Feedback der Kinder sowie der Studierenden eingeholt worden, um die Fördermaterialien praktisch zu evaluieren. Die Ergebnisse sind in einem Padlet zusammengetragen worden, sodass ein Repertoire an praktisch erprobten Lesefördermaterialien für Lehrkräfte, Studierende und Wissenschaftler*innen digital zugänglich ist.

Finanzierung: Diese Projektphase ist durch das Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft mit 5000€ unterstützt worden.

Die zweite Projektphase baut auf den Ergebnissen der ersten Projektphase auf. In dieser zeigten sich Vor- und Nachteile der verschiedenen Fördermaterialien für die heterogene Schülerschaft, sodass aus den Erfahrungen des Projektseminars und neuen Erkenntnissen des Forschungsdiskurses (z.B. Walter 2020) ein eigenes Fördermaterial mit 60 Seiten in Buchformat entwickelt wurde. Dieses strebt den Ausbau der Leseflüssigkeit und des Leseverstehens an und fokussiert damit den Ausbau der Prozessebene des Lesens nach Rosebrock/Nix (2017) zum Ende der Grundschulzeit. In einem zweiten Projektseminar ist dieses Fördermaterial von Studierenden erprobt und evaluiert worden, indem gemeinsam mit 38 Kindern aus den vierten Klassen über 10 Wochen gearbeitet wurde. Die empirische Erprobung des entwickelten Forschungsmaterials durch Studierende ist durch den methodologischen Zugriff des Design-Based Research (DBR) begründet (vgl. Dube/Prediger 2017). Ein Merkmal des DBR ist u.a. das iterative Vorgehen in Zyklen: Ein Lerngegenstand wird theoretisch fundiert entwickelt und anschließend in einem Design-Experiment empirisch erprobt. Es folgen Datenanalyse und -auswertung, aus denen erste lokale Theorien für die Fachdidaktik gebildet werden. Diese lokalen Theorien tragen zur Weiterentwicklung des Lerngegenstandes bei, der dann in einem zweiten Zyklus wieder erprobt und evaluiert werden kann (vgl. Dube/Prediger 2017). In diesen Prozess wurden die Studierenden im Sinne des Forschenden Lernens (vgl. Fichten/Weyland 2021) im Projektseminar miteingebunden: Anhand von Videosequenzen aus der Förderung ist der Leseerwerb durch das Fördermaterial gemeinsam in wöchentlichen Reflexionssitzungen analysiert und vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes kritisch reflektiert worden. 

Finanzierung: Diese Projektphase ist von der Forschungsreserve der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn mit 6414€ unterstützt worden.

Abschlussarbeiten im Projekt

Im Projekt Studierende als Lesecoaches sind bisher 24 Modulabschlussarbeiten entstanden. Ein Auswahl finden Sie hier gelistet. Diese liegen zum Teil auch im Deutsch-Treff aus und können von interessierten Studierenden eingesehen werden:

  • Digitale Medien in der Leseförderung – Die Nutzung digitaler Audiostifte von Kindern mit besonderem Förderbedarf am Ende der Grundschule (Marie Siegert)

  • Audiostifte als Modellfunktion – Inwiefern unterstützen digitale Audiostifte die Leseflüssigkeit? (Pia Lewe)

  • Implizites Lernen von Lesestrategien (Jessica Helfrich)

  • Die Förderung basaler Lesefähigkeiten durch die Unterstützung kooperativen Lernens – Ein qualitatives Forschungsprojekt zur Leseförderung von Grundschüler*innen (Gesa Kampmann)

  • Digitale Audiostifte in der Grundschule - eine qualitative Videoanalyse zu den Umgangsweisen mit dem digitalen Audiostift (Lana Laufmanns & Nils Krüger)

  • Leseförderung mit Hilfe von TipToi-Büchern – Zielführend oder Zeitverschwendung? Eine Erhebung der Leseförderung in einer Grundschule durch den Einsatz von TipToi-Büchern (Aline Rellecke)

Im Projekt Studierende als Lesecoaches sind bisher 4 Bachelor- bzw. Masterarbeiten entstanden. Ein Auswahl finden Sie hier gelistet. Diese liegen zum Teil auch im Deutsch-Treff aus und können von interessierten Studierenden eingesehen werden:

  • Johanna Hoffmann (i.V.): Lesen mit Rätseln: Eine explorative Interviewstudie mit Schüler:innen zur Leseförderung in der Grundschule (MA)
  • Tabea Lödige (2022): Adaptive Gestaltung von Lehr-Lern-Material in heterogenen Lerngruppen: Design-Based Research in der Unterrichtsforschung (BA)
  • Aline Rellecke (2022): Lesen in der Grundschule: Ein Vergleich verschiedener Verfahren für Kinder mit besonderem Förderbedarf (BA)

Projektleitung

Laura Drepper

Büro: C4.304
Telefon: +49 5251 60-3628
E-Mail: ldrepper@mail.uni-paderborn.de
Web: Homepage

Wissenschaftliche Hilfskräfte

Johanna Hoffmann (WHB,  bis 10/23)
Jana Jasinsky (WHB, bis 10/22)