Pro­mo­tions­vorhaben

Oxana EreminHormonelle Wirbelstürme im Einklang. Erfahrung und Verhandlung menstruationsbezogener Gegebenheiten als Gesundheits- und Geschlechterfrage am Beispiel von Hormonyoga
In meinem Promotionsprojekt beschäftige ich mich mit der Menstruation als ein sowohl körperliches als auch gesellschaftlich-kulturelles Phänomen. Konkret gehe ich der Erfahrung und Verhandlung menstruationsbezogener Gegebenheiten als Gesundheits- und Geschlechterfrage im Untersuchungsfeld von Hormonyoga nach. Worauf antwortet das Bedürfnis nach ‚hormoneller Balance‘ im Körper? Worum geht es, wenn wir über ‚Hormon- und Zyklusbalance‘ sprechen? Es handelt sich um eine Feld- und Interviewstudie, die im Bereich der Gender Studies angesiedelt ist und sich in der sozialwissenschaftlichen (kritischen) Menstruationsforschung verortet. Meine Arbeit basiert auf einem Verständnis von Geschlecht als Existenzweise (Andrea Maihofer) und fokussiert sich darauf, Ansätze zur Theoretisierung von Weiblichkeit(en) weiterzudenken

Annalisa MatteiGerichtsverfahren als Aushandlungsorte von (Geschlechter-)Gerechtigkeit am Beispiel von sexualisierter Gewalt
Die Polizeiliche Kriminalstatistik des BKAs listet für das Jahr 2019 15.636 Opfer von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen. Davon sind 14.403 als weiblich markiert, während die Täter*innen zu 98,5% männlich markiert sind. Die ungleiche Verteilung der Betroffenheit von sexualisierter Gewalt ist offensichtlich, weshalb wir auch von geschlechtsspezifischer Gewalt sprechen. Das Forschungsprojekt geht aus der Perspektive der historischen Geschlechterforschung der Frage nach, welche Rolle vergeschlechtlichte Vorannahmen, Sprach- und Denkmuster zur Artikulation von sexualisierter Gewalterfahrung für die Glaubwürdigkeit und Glaubhaftmachung des Tathergangs in der Rechtspraxis und für den Ausgang eines Gerichtsverfahrens spielen. Der Fokus liegt auf der Berufsgruppe der Richter*innen und deren Bewertung von (Mit-)Schuldigkeit des Opfers im Spannungsfeld von Geschlecht und Recht. Geschlechterstereotype Annahmen einer weiblichen Ehrbarkeit wurzeln in die Frühen Neuzeit und wirken auf die Rechtsprechung der Gegenwart ein, wenn von einer Mitschuld des Opfers gesprochen wird. Auch wenn Richter*innen dazu verpflichtet sind, persönlich und sachlich unabhängig die Interessen des Staates zu vertreten, ist nicht anzunehmen, dass dies gänzlich erreicht wird. Geschlechternormen und Stereotype, die das Denken und die Artikulation aller Gesellschaftsmitglieder prägen und formen, finden sich auch in der richtenden Person des Strafprozesses wieder. Die individuelle Situierung der Richter*in und die machtvolle Rolle als Urteilssprechende*n gilt es zu reflektieren, um die Reproduktion der Geschlechterungleichheit in der Gesellschaft zu benennen. Hierzu sollen sprachliche Bilder, Einstellungen und die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen unter Richter*innen beleuchtet werden. Zu diesem Zweck wird eine computergestützte qualitative Daten- und Textanalyse von Gerichtsakten durchgeführt und die Daten inhaltlich interpretiert. Die Analyse verfolgt das Ziel, die Prävalenz von Vergewaltigungsmythen – deskriptive oder präskriptive Überzeugungen über Vergewaltigung, die auf institutioneller Ebene Einfluss auf die Verhandlung des Straftatbestandes der Vergewaltigung haben – im deutschen Rechtssystem zu identifizieren und die Kontinuität von Topoi und sprachlichen Bildern im 17. und 21. Jahrhundert abzubilden und zu historisieren. Zur Analyse der Häufigkeit und Beschaffenheit der kolportierten Geschlechtsvorurteile durch Richter*innen in der Gegenwart und der Vergangenheit wird am Gegenstand der sexualisierten Gewalt in Strafprozessen ein Vergleich in einer Longue Durée durchgeführt. Verbunden durch die Methode der Gerichtsaktenforschung und die Forschungsfrage sollen die zu untersuchenden Zeiträume zu einem Komplex wachsen.

Ann-Catrin SchwombeckÜber Sexualität sprechen: zur Ausgestaltung sexueller Selbstverhältnisse
Das Foucaultsche Paradigma der Allgegenwärtigkeit von Sexualität aufgreifend steht im Fokus meiner Dissertation Sexualität als alltägliche Praxis, die auf eine Verwobenheit der Kategorien Geschlecht, Begehren und Subjektivität verweist, wodurch das Subjekt sich als sexuelles hervorbringt. Durch leitfadengestützte Interviews mit biographischen Anteilen wird herausgearbeitet, wie sich im Sprechen über Sexualität diese Subjektivierungsweisen vollziehen, welche Selbstbestimmungseffekte sich ausmachen lassen, sodass Sexualität als eine spezifische und identitätsstiftende Kategorie des Selbst erlebt wird. Im Fokus steht die diskursive Praxis der Erzählungen von Proband*innen im jungen Erwachsenenalter, die sich mit Konzepten von Liebe, Geschlecht, Sexualität und Körperlichkeit auseinandersetzen, Scham und Grenzen thematisieren und selbstbestimmte Formen des Austausches, Ausprobierens und Erlebens suchen, um neue Selbsterfahrungen zu erleben.