Die Ge­burt des mo­d­ernen Theat­ers in der Frühen Neuzeit (Frankreich 1630-1730)

Das Ziel des Projekts besteht darin, die Produktivität der zwei heuristischen Modelle der Familientragödie und der Hauskomödie, die exemplarisch anhand der Dramen Pierre Corneilles und Molières analysiert und konturiert werden, im übergeordneten Rahmen eines 'Theaters der Zärtlichkeit' zwischen 1630 und 1730 herauszuarbeiten. Die Produktivität besteht erstens in der Verbindung von literarhistorischer und aktueller historischer Forschung zu Familie, Ehekonzeption und Haus, wobei insbesondere die Transformation des 'ganzen Hauses' vom geschlossenen zum offenen Haus in diesem Zeitraum einschließlich der Problematisierung und anschließenden Neupositionierung des Hausvaters im Fokus steht.

Zweitens liegt das Interesse auf der Produktivität der beiden Modelle in Konkurrenz zu anderen Modellen, etwa dem Spannungsverhältnis von Familien- und Ehetragödie bei Pierre Corneille und Georges de Scudéry um 1640, aber auch auf der Möglichkeit durch Transformation und / oder Binnendifferenzierung auf veränderte sozio-kulturelle Rahmenbedingungen reflexiv zu reagieren, wie dies in der Aufspaltung der Hauskomödie in Problematisierungen von ökonomischer Haushaltung und familiärer Ehepolitik um 1700 bei Dancourt, Dufresny, Renard geschieht.

Drittens wird die Produktivität insofern in den Blick genommen, als die Internationalität des Theaters - sowohl auf der Ebene der Theoriebildung als auch derjenigen der Theaterpraxis - beachtet wird, die weit über Formen der Intertextualität hinausgeht, insofern diese Bezugnahmen immer auch im Rahmen von Kulturtransfers erfolgen, die wiederum die Grundlage für die Fabrikation (im Sinne Peter Burkes) von eigenen kulturellen Modellen bilden.

Schließlich wird viertens anhand der Familientragödie sowie der Hauskomödie beleuchtet, wie die bisher in der Forschung nur in Ansätzen verfolgte Überlagerung des Allianzdispositivs durch das Sexualitätsdispositiv vor der Diskursivierung der Sexualität ab der Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgt. Hierfür wird die These zugrunde gelegt, dass die Zärtlichkeit, die tendresse dasjenige Konzept bildet, das es gerade aufgrund der Schwierigkeiten einer klaren Begriffsbestimmung erlaubt, Fragen der Liebe und Sexualität regelrecht 'durchzuspielen', ohne den Rahmen der bienséance zu überschreiten, da dieses Konzept nicht nur selbst polysem ist, sondern auch in höchst unterschiedlichen, zum Teil sogar gegenläufigen Handlungen eingebunden sein kann, wie der sexuellen Verführung, der Gottesliebe oder der Vaterliebe. Doch erlaubt gerade dieses 'Durchspielen' der 'Zärtlichkeitskonfigurationen' die Rekonstruktion von je historisch spezifischen Paradigmen der Zärtlichkeit, von denen die für die Galanterie des Premier Versailles dominante zärtliche Freundschaft nur eine, historisch klar verortete Variante darstellt, die in Absetzung zum Paradigma der zärtlichen Vaterliebe um 1640 oder zur zärtlichen Eheliebe um 1700 steht.

Für das Forschungsprojekt wurden im April 2018 Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Dauer von drei Jahren bewilligt.

An dieser Stelle kann die offizielle Pressemitteilung zur DFG-Förderung gelesen werden.

Forschung­sthe­men des Pro­jekt­teams

Adelina Debisow:
Komische Haus-Väter. Die Krise des Hauses in der französischen Komödie (1670-1730)

Katrin Schürhörster:
Formen der Tragödie in der französischen Frühklassik

Pro­jektlei­tung

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Prof. Dr. Jörn Steigerwald

Komparatistik/Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft

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Pro­jekt­team

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Adelina Debisow

Komparatistik/Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft

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