Das Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft trauert um Prof. em. Dr. Dr. h. c. mult. Hartmut Steinecke. Der Literaturwissenschaftler und Träger der Medaille der Hochschule verstarb am 25. Januar im Alter von 79 Jahren (* 12. März 1940, † 25. Januar 2020).
Hartmut Steinecke war von 1974 bis 2005 Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft. Er prägte die Forschung und Lehre der Paderborner Germanistik seit ihrer Gründung über Jahrzehnte entscheidend mit und schuf Veranstaltungen und Einrichtungen, die noch heute existieren.
Große Verdienste hat sich Hartmut Steinecke u.a. um die Erinnerung an die gebürtige Paderborner Dichterin Jenny Aloni erworben, die 1939 als Jüdin vor den Nationalsozialisten flüchten musste und nach Palästina emigrierte. Mit Werkausgaben, Büchern, zahlreichen Aufsätzen und Vorträgen trug Hartmut Steinecke maßgeblich dazu bei, dass die zeitweilig in Vergessenheit geratene Autorin den ihr gebührenden Platz in der Geschichte der deutschen Literatur und auch im kulturellen Leben der Stadt Paderborn gefunden hat. 1992 gründete er an der Universität Paderborn das Jenny-Aloni-Archiv, das vier Jahre später den gesamten Nachlass der Schriftstellerin erhielt. Auf Hartmut Steineckes Initiative hin wurden außerdem das Gästehaus der Universität und ein Weg im Paderquellgebiet nach Jenny Aloni benannt.
Vergessen wäre ohne sein Engagement auch die Fürstliche Bibliothek Corvey: Die wissenschaftliche Erschließung der Bibliothek, die heute mit zum Ensemble der Weltkulturerbestätte Corvey gehört, geht wesentlich auf seine Initiative und seine langjährige Arbeit als Direktor des Corvey-Instituts für Buch- und Bibliotheksgeschichte zurück.
Hartmut Steinecke war nicht nur einer der Herausgeber der renommierten "Zeitschrift für deutsche Philologie" und des "Hoffmann Jahrbuchs"; er hat mit zahlreichen Monographien, Herausgeberschriften und Aufsätzen in Fachzeitschriften maßgeblich auch zur nationalen und internationalen Sichtbarkeit, zum großen Erfolg und zum guten Ruf der Paderborner Neueren deutschen Literaturwissenschaft beigetragen. Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war kurz nach seiner Berufung an die Universität Paderborn die Gründung der Lesungsreihe „Deutsche Literatur der Gegenwart“ und der „Paderborner Gastdozentur für Schriftstellerinnen und Schriftsteller“, die er bis zu seiner Emeritierung 2005 leitete. Beide Reihen bringen nach wie vor Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur mit einem interessierten Publikum zusammen und sorgen für einen engen Austausch von Universität und Stadtgesellschaft.
Das Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft verliert mit Hartmut Steinecke eine respektierte, gegenüber methodischen Innovationen und der Erschließung neuer Forschungsfelder stets offene Forscherpersönlichkeit, vor allem aber auch einen liebenswürdigen und warmherzigen Menschen.