Prof. Dr. Andrea Taschl-Erber hat gemeinsam mit Univ.-Prof. DDr. Isabella Guanzini (Katholische Privatuniversität Linz) und Dr. Ingrid Hable (Universität Graz) eine neue Ausgabe der Zeitschrift "Limina. Grazer theologische Perspektiven" unter dem Titel "Die desinfizierte Gesellschaft. Zwischen Schutz des Sozialen und Entsozialisierung in (post)pandemischen Zeiten" herausgegeben.
Was heute global geschieht, scheint in gewisser Weise das Ende einer Welt zu sein und schafft trotz aller sicherheitspolitischen Anstrengungen Unsicherheit auf diversen Ebenen. Angesichts der Konfrontation mit der schwersten planetarischen Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs spricht Étienne Balibar von der Notwendigkeit, sich der „absoluten Ungewissheit der Situation, in der wir uns befinden“, bewusst zu sein, die noch unabsehbare moralische und politische Auswirkungen haben wird. Dabei lässt sich eine neue Form der Unterwerfung und Demütigung beobachten, welche die letzten Reserven an Sicherheiten, Vertrauen und Orientierung raubt und dazu nötigt, sich dem unklaren und unwirtlichen Feld der Ansteckung von Körpern und Gedanken auszusetzen. Menschen quer über den Globus fühlen sich einem geteilten Schicksal ohnmächtig ausgeliefert, was nicht zuletzt einen bislang unbekannten Modus der Passivität erzeugt und
die Freiheit radikal herausfordert.
Davon ausgehend widmet sich LIMINA der kritischen Frage nach einer immunisierten/desinfizierten Gesellschaft in interdisziplinärer Perspektive. Wie gestaltet sich in einer sich zuspitzenden Krisengesellschaft die Dialektik von Freiheit und Sicherheit? Was bedeutet es, wenn es im Zusammenleben nicht um lustvollen Austausch, fröhliches Wagnis, Nähe und Solidarität, sondern um striktes Überleben und um das angestrengte Erlangen und Aufrechterhalten eines statischen Zustands vermeintlicher Sicherheit und steriler Keimfreiheit geht? Welche Spielräume und Alternativen eröffnen sich in der Ambivalenz dieser Krisensituation? In welcher Welt werden wir uns „nach der Desinfektion“ wiederfinden?
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