So­zi­a­le Un­gleich­heit und rechts­po­pu­lis­ti­sche Ein­stel­lun­gen. In­wie­fern ge­fähr­det die so­zi­a­le Spal­tung die De­mo­kra­tie?

Diesem Forschungsthema ist die Frage übergeordnet, ob und wie objektive und subjektive soziale Lagen und politische Einstellungen miteinander gekoppelt sind. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Arbeitskontext als Ort gelungener oder misslungener sozialer Integration. Themenfelder bilden dabei die folgenden Bereiche.

Das Zusammenspiel von objektiver und subjektiver sozialer Lage und Systemdistanz

Auch wenn der Zusammenhang zwischen Rechtspopulismus und Distanz zum politischen System empirisch belegt ist, ist offen, in welchem Umfang der Zulauf zu rechtspopulistischen Parteien auf eine wachsende Systemdistanz, also auf die viel diagnostizierte Krise der repräsentativen Demokratie, zurückzuführen ist. Vor allem fehlt bisher eine differenzierte Analyse dieser „Systemdistanz“, da davon auszugehen ist, dass sich die Kritik nicht im gleichen Ausmaß auf alle Institutionen der repräsentativen Demokratie bezieht. Ebenso ist offen, wie sich die unterstellte Systemdistanz ausdrückt und auf welche sozialen und kulturellen Erfahrungen sie zurückzuführen ist. Insbesondere stellt sich die Frage nach dem Zusammenspiel von ausländerfeindlichen Einstellungen, einer wachsenden Distanz zu Institutionen der repräsentativen Demokratie und sozialer Lage. Eine weitere offene Forschungsfrage ist, ob und wenn warum die Systemdistanz in Ostdeutschland besonders ausgeprägt ist.

 

Einstellungsmuster innerhalb der Arbeiter*innenschaft und Bedeutung einer fehlenden sozialen und kulturellen Repräsentation

Sind rechtspopulistische Einstellungen innerhalb der Arbeiterschaft tatsächlich überproportional vertreten und inwieweit hängt dies mit dem Gefühl einer fehlenden politischen und/oder kulturellen Repräsentation (Eribon) zusammen? Kann man überhaupt noch von „der“ Arbeiter*innenschaft sprechen oder zerfällt diese auch in verschiedene Milieus mit unterschiedlichen Werteinstellungen und unterschiedlichen politischen Präferenzen? Welche Bedeutung haben in diesem Kontext horizontalen Differenzierungen des Arbeitsmarktes, z.B. zwischen Dienstleistungssektor und Industrie? Insbesondere stellt sich die Frage, welche Rolle die gewerkschaftliche Vertretung bei der Entstehung rechtspopulistischer Einstellungen spielt. Sind beispielsweise Arbeiter*innen (bzw. die unteren sozialen Schichten), die sich und ihre Interessen durch gewerkschaftliche Arbeit angemessen vertreten fühlen, weniger anfällig für die Anrufungen rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen?

 

Die Entstehung von Abstiegsängsten und Offenheit für rechtspopulistische Positionen

Noch ist nicht eindeutig geklärt, welche Bedeutung von Abstiegsängste für die Entstehung rechtspopulistischer Einstellungen haben. Wie stellen sich Abstiegserfahrungen und Abstiegsängste genau dar und welche Rolle spielt insbesondere der Arbeitskontext für das Gefühl sozialer Unsicherheit? So zeigen jüngste Auswertungen des Datensatzes soziale Lebenslagen beispielsweise, dass auch Personen, denen es gemessen an ihrer Erwerbssituation, ihrem Einkommen und ihrem Bildungsgrad „gut geht“, häufig Abstiegsängste haben. Welche Bedeutung haben spezifische Erfahrungen am Arbeitsplatz (Arbeitsdruck, Entgrenzung, Flexibilisierung) für die Entstehung von Abstiegsängsten?

Aktuell promoviert Torben Schwuchow zum Thema "Demütigung und Respekt und der moralische Status einer common decency. Studie zur moralischen Erfahrungswelt von WäherInnen rechtspopulistischer Parteien" in Zusammenarbeit mit dem WSI in Düsseldorf.