Klei­dung in Be­we­gung ver­set­zen

Eine objektbasierte Untersuchung von Kleidung zur textilen Rekonstruktion von Bewegung

Der textile Stoff und der Schnitt von Kleidung beeinflussen, verändern, charakterisieren die Bewegungen des menschlichen Körpers. Kleidung informiert in ihrem Zuschnitt, dem Stoff und der Kleidergestalt über Bewegungsspielräume und Bewegungsformen.

Die Verbindung von Kleidung, Bewegung und Körper wird als selbstverständliche Symbiose gedacht, die aber immer kulturell geprägt, gegendert und mit neuen Konnotationen und Definitionen versehen wird. Die Forschung hat bis jetzt dem tatsächlichen Zusammenhang von Kleidung, Bewegung und Körper wenig Beachtung geschenkt

Die VolkswagenStiftung fördert im Rahmen ihrer Initiative „Forschen in Museen“ seit August 2015 ein textilwissenschaftliches Kooperationsprojekt zwischen der Universität Paderborn und dem Historischen Museum Frankfurt.

Die Textilwissenschaftlerinnen Prof. Dr. Kerstin Kraft (Projektleiterin in Paderborn) und Dr. Regina Lösel als wissenschaftliche Mitarbeiterin sind, zusammen mit der Kunsthistorikerin und Kuratorin der Mode- und Textilsammlung am Historischen Museum Frankfurt Dr. Maren Christine Härtel an diesem Forschungsprojekt tätig.

Das textile Ausgangsmaterial bildet Kleidung zwischen 1850 und 1930 aus der Sammlung des Historischen Museums Frankfurt, welches bis dato kaum untersucht wurde. Als neuartige Herangehensweise werden der Zuschnitt und die Stofflichkeit von Kleidung, also das textile Hergestellt-Sein unter den Aspekten von Bewegung, Geschwindigkeit und Mobilität erforscht. Mit Hilfe einer objektbasierten Bekleidungsforschung können anhand von Nahtverläufen, textiler Materialität und Schnittformen, Erfahrungsweisen menschlicher Bewegung sichtbar werden. Neben materiellen und schneidertechnischen Befunden beziehen die Forscherinnen kulturgeschichtliche Dokumente wie Karikaturen, Benimmliteratur, physiologische Schriften oder erste Filme in ihre Analyse mit ein. Der Schwerpunkt der Sammlung des Historischen Museums im bürgerlich geprägten Frankfurt liegt auf Frauenkleidern aus dem Großbürgertum. Um auch andere Gesellschaftsschichten dieser Zeit zu berücksichtigen, werden zusätzlich Textilbestände aus dem LWL-Industriemuseum in Bocholt und dem LVR-Industriemuseum untersucht.

Das Historische Museum Frankfurt wird 2017 neu eröffnet. Ziel ist es, die Ergebnisse des Projekts „Kleidung in Bewegung versetzen“ in einer Sonderausstellung der Öffentlichkeit zu zeigen. Dabei sollen neue museale Präsentationsformen wie virtuelle Simulationen genutzt werden.

 

Ausstellung "Kleider in Bewegung. Frauenmode seit 1850"
Historisches Museum Frankfurt, bis 24. Januar 2020

Zur Ausstellung ist eine Begleitpublikation erschienen:
Maren Ch. Härtel, Kerstin Kraft, Dorothee Linnemann, Regina Lösel (Hg.)
Kleider in Bewegung. Frauenmode seit 1850
Michael Imhof Verlag, Petersberg, 2020
ISBN 978-3-7319-0930-9
 

Pressestimmen

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/frauenmode-seit-1850-zeigt-das-historische-museum-frankfurt-16755535.html

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kultur/ausstellung-bewegte-kleidung-in-frankfurt-16754357.html

https://taz.de/Ausstellung-zu-Emanzipation-in-der-Mode/!5686229/

www.fr.de/frankfurt/keine-krise-ohne-neue-mode-13749725.html

https://www.swr.de/swr2/kunst-und-ausstellung/historisches-museum-frankfurt-ausstellung-kleider-in-bewegung-100.html 

https://www.hessenschau.de/kultur/kleider-in-bewegung-erstmal-nur-digital-zu-sehen,audio-36258.html

 

Bewegung in Kunst, Forschung und Wissenschaft

In den letzten Monaten des Projektes werden die Forschungsbewegungen, der Körper der Forschenden und die Möglichkeiten der Bewegungsrekonstruktion in der Auseinandersetzung mit historischer Kleidung und textilem Material ausgelotet. Neue Perspektiven eröffneten sich durch die Zusammenarbeit mit der Kulturanthropologin Dr. Susanne Schmitt und der Choreographin und Tänzerin Laurie Young. In einem ersten Schritt konnte das interdisziplinäre Forschungsteam die Spuren vergangener Bewegungen und beweglicher Modekörper bei der Recherche am Objekt um Bewegungen im Ausstellungsraum erweitern.
Parallel dazu entwickelten und produzierten Susanne Schmitt und Laurie Young auf der Basis der Ergebnisse des Forschungsprojektes für die Frankfurter Ausstellung einen Audiowalk, der die Verknüpfung von Körper, Textil, Raum und Ausstellungssituation zentriert. Mit dem "Faltenpfad / Along a Path of Folds" lässt sich eine verborgene, aber essentielle Dimension unseres in Stoffe gewandeten Körpers nachvollziehen: die Bewegung und Beweglichkeit, die Kleidung möglich macht, unterstützt, verhindert, verbirgt oder zur Schau stellt.

"Jedes Mal, wenn Sie eine Faltung in Ihrem Körper erzeugen, verändern Sie den Raum, der Sie umgibt. Sie falten den Raum, indem Sie neue Punkte miteinander verknüpfen. Sie drapieren ihn und schaffen neue Oberflächen. Eine Fläche, die zuvor innen lag, ist nun nach außen hin offen."
Aus: Susanne Schmitt, Laurie Young: Faltenpfad / Along a Path of Folds. 2020.

https://www.susanneschmitt.org/kleidung-in-bewegung/yoo0lnu6x7nrsh7gyf9hzceg1m366u
https://www.historisches-museum-frankfurt.de/de/audio-walk

 

 

 

 

Projektleitung:
Prof. Dr. Kerstin Kraft
Universität Paderborn
Kulturwissenschaftliche Fakultät/Textil
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Raum H7.242
Telefon: 05251-60 2959
E-Mail: kerstin.kraft[at]upb.de

Wissenschaftliche Mitarbeiterin:
Dr. Regina Lösel
Universität Paderborn
Kulturwissenschaftliche Fakultät/Textil
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Raum H7.220
Telefon: 05251-60 2749
E-Mail: regina.loesel[at]upb.de

Wissenschaftliche Hilfskraft:
(01.-12.2019)
Isabelle Berens, M.A.
Universität Paderborn
Kulturwissenschaftliche Fakultät/Textil
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Raum H7.232
E-Mail: isabelle.berens[at]upb.de

Wissenschaftliche Leitung des Kooperationspartners:
Dr. Maren-Christine Härtel
Historisches Museum Frankfurt
Leitung Dokumentation
Kuratorin Möbel, Historische Musikinstrumente
Fahrtor 2 (Römerberg)
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 069-212 35487
E-Mail: maren-christine.haertel[at]stadt-frankfurt.de