Im Clemens Sels Museum zu Neuss kann noch bis zum 3. März 2024 eine Ausstellung mit Werken der belgischen Symbolisten Léon Spilliaert und George Minne besichtigt werden. Das Belgienzentrum ist an dieser Ausstellung beteiligt, indem in interdisziplinären Seminaren der Fächer Romanistik und Kunst der Universität Paderborn 17 Museumskoffer entwickelt wurden, die verschiedene Facetten des Lebens und Wirkens dieser belgischen Künstler und der belgischen Kulturgeschichte zum Thema haben und in die Ausstellung integriert sind. Die Koffer sind sowohl auf den Internetseiten des Museums als auch im Museum selbst zu sehen, wo Besucher*innen mit Hilfe der Koffer die Entstehungswelt, die Gedanken der Künstler und den enigmatischen Kosmos ihrer Werke in Eigenregie be- und ergreifen können. Die Koffer entstanden unter der fachkundigen Anleitung der BELZ-Mitglieder Dr. Larissa Eikermann und Prof. Dr. Sabine Schmitz. Zu Vorbereitung besuchten sie 2023 mit ihren Studierenden in Ostende, Gent und Brüssel Lebens- und Wirkungsstätten Spilliaerts und Minnes sowie fabelhafte Ausstellungsorte, um Eindrücke und Materialien für die Koffer zu sammeln.
Im Rahmen der Ausstellung organisierte das Clemens Sels Museum am 1. Februar einen Themenabend über belgisch-deutsche Erinnerungskultur, woran sich auch das BELZ beteiligte. Nach einer exklusiven Führung durch die Ausstellung sprachen in dem komplett gefüllten Gartensaal des Museums neben Dr. Uta Husmeier-Schirlitz (Direktorin des Museums) auch S.E. Martin Kotthaus (Botschafter Deutschlands in Belgien) und eine Delegation aus der belgischen Stadt Löwen, um den besonderen Bezug der Stadt zu Neuss im Hinblick auf das Thema Erinnerung und Gedenken vorzustellen. Bert Cornillie (Stadtrat Löwens) und Luc Rombouts (Glockenspieler Löwens) erläuterten zusammen mit dem Neusser Bürgermeister Reiner Breuer, wie die traumatische Zerstörung Löwens im Ersten Weltkrieg mit einem Neusser Beitrag zum Löwener „Friedensglockenspiel“ verarbeitet wird.
Im Anschluss sprachen die BELZ-Mitglieder Dr. Larissa Eikermann und Juniorprof. Dr. des. Yves Huybrechts über die Museumskoffer, als vielfältige didaktische Medien für die Kunst- und Kulturgeschichte, und die belgische Gesellschaft zur Blütezeit des belgischen Symbolismus‘. Huybrechts führte die Gesellschaft in die turbulenten sozialen und wirtschaftlichen Umstände Belgiens zu jener Zeit ein und verband diese mit Belgiens internationaler Position. Das Königreich Belgien habe, so erläuterte er, durch die verpflichtete Neutralität eine äußerst erfolgreich liberale Handelspolitik betrieben, die jedoch auf Kosten des sozialen Zusammenhalts gegangen sei. Spilliaert, Minne und andere Symbolisten hätten ihre Kunst vor dem Hintergrund eines Landes entwickelt, in dessen Idee nationaler Größe schon längst Risse zu sehen waren. Eikermann erläuterte das Konzept, die didaktische Bedeutung, die Entstehungsgeschichte sowie die Vermittlungsformate der Museumskoffer und lud die Zuhörenden im Anschluss dazu ein, die Koffer ‚mit allen Sinnen‘ zu erfahren. Dieser Einladung folgten die Zuhörenden gern, die während des Vortrags schon reichlich Fotos gemacht hatten.
Während des Empfangs nach den Vorträgen beantworteten die beiden Vortragenden des BELZ begeisterte Rückfragen zu Belgien, zu den Museumskoffern, zum Belgienzentrum sowie zur neuen „Flandernprofessur“. Aus diesen Gesprächen entstanden viele wertvolle neue Kontakte. Wegen der Aufmerksamkeit, die solche Aufstellungen für Belgien generieren, ist zu hoffen, dass es in Zukunft weitere Ausstellungen über belgische Künstler bzw. Kunstströmungen geben wird.
Übrigens: Eine Podcast-Folge auf dem BelgienNet befasst sich mit der Symbolismusausstellung, die 2021 in der Alten Nationalgalerie zu sehen war. Für die Folge führte BelgienNet-Redakteur Yves Huybrechts ein ausführliches Interview mit dem Museumsdirektor Dr. Ralph Gleis.