Reisen ohne Grenzkontrollen und aufwendigen Visaanträgen, in anderen Ländern studieren, ohne Barrieren neue Kulturen kennenlernen und in einen interkulturellen Austausch treten, internationale Kooperationen, eine stabile Wirtschaft und zollfreier Handel und die weitreichenden Bezahlmöglichkeiten mit dem Euro – ist das alles selbstverständlich?
Diese Frage stellten sich auch die Gäste der Podiumsdiskussion im Rahmen des Belgientages am vergangenen Mittwoch, 15.05.2024, unter dem Thema „Bedeutung und Stellenwert der Europäischen Union im Alltag von jungen Bürger*innen“.
Bereits zum 13. Mal übernimmt das Königreich Belgien den Vorsitz im Rat der Europäischen Union für ein halbes Jahr und bietet damit Anlass über Belgiens Rolle in der EU als Gründungsmitglied, Motor der Europäischen Union und Zuhause des EU-Parlaments, aber auch über die EU und ihren Stellenwert selbst zu diskutieren.
Organisiert wurde der Belgientag nun bereits in der 8. Auflage durch das Belgienzentrum (BELZ) der Universität Paderborn unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Schmitz und Prof. Dr. Johannes Süßmann in Zusammenarbeit mit der Stadt Paderborn und dem Theodorianum.
Nach einer musikalischen Eröffnung durch eine Schülerband bestehend aus Schülerinnen und Schülern der 10a und der Q1 nahmen neben den beiden Organisatoren, Prof. Dr. Schmitz und Prof. Dr. Süßmann für das Belgienzentrum, Lennart van Hirtum, Doktorand aus Belgien an der Universität Paderborn, Nic van de Marliere, Generaldelegierter Flanderns in Deutschland, Alexander Homann, Botschaftsrat der belgischen Botschaft in Berlin und Vertreter Ostbelgiens und der Wallonie, Prof. Dr. René Fahr, Vizepräsident für Wissens- und Technologietransfer an der UPB sowie Garrick Gockel als Schüler des THEO auf dem Podium Platz.
Zunächst gaben die Podiumsgäste, moderiert durch Dr. Linn Selle, Leiterin des Europa-Referats der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund, eine erste Einschätzung zur Frage nach der Bedeutung der EU im Leben junger Menschen ab. Die Problematik der zunehmenden Auffassung aller europäischen Privilegien als selbstverständlich kristallisierte sich hierbei schnell heraus. Die Diskutierenden gaben Einblicke in den Einfluss der Europäischen Union auf ihr Leben und wie die Gründung eines starken Verbundes wie ihr den Alltag der Bürgerinnen und Bürger verändert hat. Die EU bringe eben nicht nur Privilegien wie die Freizügigkeit über Ländergrenzen hinaus, eine stabile Währung und einen zuverlässigen Binnenmarkt, vielseitige Möglichkeiten durch Programme wie Erasmus, Erasmus+ und den Europäischen Solidaritätskorps mit sich, sondern ermöglicht einen einzigartigen kulturellen Austausch, so skizziert es Lennart van Hirtum als belgischer Doktorand an der Uni Paderborn. Besonders wenig Aufmerksamkeit und Wertschätzung finden jedoch vor allem die europäischen Werte. Dabei sind es genau jene, die unser tägliches Zusammenleben und das europäische Miteinander fördern. So spiegelt auch das Wertekonzept des THEO, das die Schule seit nunmehr über fünf Jahren lebt, die drei Kernwerte der EU wider: Respekt, Solidarität, Verantwortung und ferner Toleranz, Gerechtigkeit und Pluralismus.
Eine Antwort auf die Frage nach der Bedeutung der EU im Alltag junger Bürgerinnen und Bürger lieferte vor allem das Publikum bestehend aus Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen und der Q1 sowie Studierenden der Universität Paderborn und interessierten Gästen. Die Nachfragen der Schülerinnen und Schüler machten klar, unsere Generation ist ganz besonders interessiert an den Chancen der EU. So kamen unter anderem Fragen nach der Ausgestaltung und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der EU, ihrer Zukunftssicherheit und Gefahren wie einem zunehmenden Rechtsruck sowie Umgangsmöglichkeiten mit kritischen Beitrittskandidaten wie Georgien und möglichen Partizipations- und Teilhabemöglichkeiten auf. Schließlich lud die Diskussionsrunde auch zu einem Austausch über die anstehende Europawahl ein und trug zum Verständnis der Wichtigkeit dieser Chance bei. „Als Bürger der EU habe ich viele Rechte, aber ich habe auch Pflichten und dazu gehört, dass ich ein Wahlrecht habe, aber auch eine Wahlpflicht“ so Nic van de Marliere. Nur durch dieses Minimum politischer Partizipation könne die EU sich künftig weiterentwickeln und nur so ist auch jede/r an der Gemeinschaft beteiligt.
Die Beteiligung der Schülerschaft bestätigt dieses grundlegende Interesse und zeigt, dass, mit der Absenkung des Wahlalters auf 16, diese Chance zu einem großen Anteil genutzt wird und wirft somit einen positiven Blick auf die Zukunft. Denn nur durch Austausch und durch Debatten mit Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Verantwortung können wir den gemeinsamen europäischen Gedanken in einer solch großen Interessensvertretung im Kern aufrechterhalten, auch wenn unsere Meinungen zur Sache manchmal verschieden sind.
Garrick Gockel, Q1