Der Umgang mit Tex­ten in der di­gitalen kollab­or­at­iven Lese- und Schreiblernumge­bung An­noPy

Oliver Scholle

Der digitale Wandel hat neue Praktiken des Lesens und Schreibens, sogenannte new literacies, hervorgebracht, die in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen den Umgang mit Texten prägen. Auch wenn durch den Digitalpakt aus dem Jahr 2016 und entsprechende Strategiepapiere (Lehren und Lernen in der digitalen Welt, 2021) die Schule erste Schritte unternommen hat, um digitale Praktiken im Unterricht zu etablieren, ist, bezogen auf die Implementation im Unterricht, die Frage bisher immer noch nicht geklärt, wie das digitale Lesen und Schreiben und damit verbundene literale Praktiken didaktisch zielführend in den Deutschunterricht integriert werden können. 

An dieser Stelle setzt das Promotionsvorhaben an, in dem die digitale Modellierung von im weiteren Sinn text- und medienbezogenen bzw. -gestützten unterrichtlichen Problemlöse- und Lernprozessen fokussiert wird. Konkret zielt die Arbeit auf die Entwicklung und Evaluierung fächerübergreifend nutzbarer, digital gestützter „Formate“ für Praktiken des Umgangs mit und der Produktion von Texten in Lernzusammenhängen ab. Im Blick auf das Lernen in der digitalen kooperativen Lese- und Schreiblernumgebung AnnoPy (vgl. annopy.de), die im interdisziplinären Projekt „Konzeption einer fächerübergreifenden digitalen Lernumgebung für Lesen, Schreiben und den Umgang mit Texten“ (mit der Informatik- und Mathematikdidaktik der UPB) entwickelt wurde, geht es um Praktiken z.B. des vergleichenden Lesens bzw. der Materialrezeption; der Analyse und analytischen Markierung und Annotation von Materialien/Texten; der Extraktion, diagrammatischen Darstellung und Visualisierung von Verstehens- und Analyseergebnissen.  

Für die Erhebung der Daten wurde ein Lern-Lehrarrangement entwickelt, mit dem die Schülerinnen und Schüler unter Verwendung des Tools AnnoPy eine Schreibaufgabe bearbeiten. Die Nutzungsdaten des Tools, z. B. welche Textpassagen in den zu lesenden Texten markiert, annotiert und kommentiert wurden und welche Untersuchungsergebnisse der Schülerinnen und Schüler in das gemeinsame Gespräch über Textqualitäten einfließen, können Aufschluss darüber geben, inwiefern sich die Nutzung digitaler Praktiken des Umgangs mit Texten in den Problemlöse- und Lernprozessen zeigt. Unterstützend werden leitfadengestützte Einzelinterviews mit den Lernenden hinzugezogen, um Einblicke die Verwendung des Tools AnnoPy zu gewinnen.

Literatur:

Rezat, Sara (2022): Digital lesen und schreiben. In: Praxis Deutsch (292), S. 4–13.  

Lobin, Henning (2014): Engelbarts Traum. Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt. Frankfurt am Main: Campus-Verlag.