Start der Ringvorlesung zu „Anthropologie der Digitalisierung“
Professor Benedikt Schmidt, Inhaber des Lehrstuhls für Theologische Ethik an der Humboldt-Universität zu Berlin, hat am 15. Mai die Ringvorlesung zum Thema „Anthropologie der Digitalisierung“ eröffnet. Unter der Leitfrage „Wie kann ich der werden, der ich sein soll?“ stellte er eine mögliche Perspektive theologischer Ethik auf die Digitalisierung vor.
Benedikt Schmidt nannte Elon Musk „einen der großen Visionäre unserer Zeit“. Allerdings müsse das Versprechen der Digitalisierung, den Menschen als Objekt visionärer Gestaltung zu betrachten, anthropologisch und ethisch eingeordnet werden. Anhand des Themenfeldes der öffentlichen Kommunikation arbeitete Schmidt beispielhaft heraus, welche Gefahren etwa für die Demokratie bestehen, wenn der öffentliche Diskurs sich in großen Teilen auf privatwirtschaftliche, gewinnorientierte Plattformen verlagere. Der Deutsche Ethikrates habe unmissverständlich auf negative Entwicklungen hingewiesen.
Eine vollkommen „smarte Ordnung“, in welcher die Bedürfnisse der Menschen zwar bestmöglich befriedigt wären, liefe der Selbstbestimmung des Menschen zuwider. Diese Selbstbestimmung des Menschen stellte Schmidt als zentrales ethisches Kriterium bei der Bewertung der Digitalisierung dar.
Schmidt stellte anschließend drei Leitbilder des guten Lebens vor: Elon Musk stand stellvertretend für die „digitale Existenz“ der „Ingenieure“; Friedrich Nietzsche wurde als Vertreter der „ästhetischen Existenz“ der „Genies“ herangezogen; Repräsentant der „religiösen Existenz“ der „Heiligen“ war Jesus. Das Leitbild der „religiösen Existenz“ unterscheidet sich vom Leitbild der „digitalen Existenz“ vor allem durch die Dimension der Transzendenz, die unbedingte Affirmation der Person (auch durch Selbstliebe), das sittlich Gute als Werthorizont sowie das relationale Eingebundensein in eine Beziehungswelt. Gemeinsam seien den drei Leitbildern jeweils Formen der Selbstüberwindung.
Die Ringvorlesung beleuchtet Chancen und Herausforderungen von künstlicher Intelligenz für die christliche und islamische Theologie. Dabei werden im Wechsel christliche und islamische Perspektiven auf das Thema vorgestellt. Veranstalter sind Vertr.-Prof. Johannes Grössl und Jun.-Prof. Idris Nassery in Kooperation mit dem Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften.
Hier kann der Vortrag angehört werden.