In kaum einem gesellschaftlichen Bereich ist das Spiel mit der Identität derart ausgeprägt wie in der Popkultur und insbesondere Popmusik. In diesem Seminar soll die Entwicklung von Rollen- und Selbstbildern überblicksartig aber auch an Einzelbeispielen analysiert werden. Dabei gilt es, zentrale Konzepte von (Medien-)Identität, Image, Stars und Prominenz von Produktion bis Weiterverarbeitung herauszuarbeiten, in ihrem Wandel zu skizzieren und auf Popmusikkultur(forschung) zu übertragen und anzuwenden.
Die Anthologie „Texte zur Theorie des Pop“ versammelt kanonische wissenschaftliche Texte der vergangenen 50 Jahre sowie journalistische Beiträge und theoretische Reflexionen von Pop-Akteuren selbst. Sie bietet einen Überblick über zentrale Positionen der internationalen und interdisziplinären Poptheorie zu Musik, Literatur und Kunst von Theodor W. Adorno und Umberto Eco über Susan Sontag und Andy Warhol bis zu Simon Frith und Peter Wicke: exemplarische Beispiele aus Deutschland, Großbritannien, Italien und den USA ebenso wie unterschiedlicher Fachdisziplinen. Die Anordnung der ausgewählten Texte folgt der Chronologie ihrer Erstveröffentlichungen, um historische Entwicklungen nachvollziehbar zu machen. Knappe Einführungen in die einzelnen Texte zeigen zentrale Aspekte auf, ordnen sie in ihre Entstehungskontexte ein und verweisen auf Diskussionszusammenhänge und Rezeptionslinien. Im Seminar sollen ausgewählte Texte gelesen, durchgearbeitet und diskutiert werden, um so einen multiperspektivischen Fundus aus den mittlerweile als Klassiker der Pop-Theorie zu bezeichnenden Texten zu generieren und Verbindungen herzustellen.
Das Mantra des Vorwurfs des Unpolitischen seitens der älteren, etablierten Generationen gegenüber den Jüngeren ist auch in Popmusikkulturen mittlerweile unübersehbar: Früher war alles besser, früher war alles politischer bei gleichzeitigem früher war alles härter und schwieriger, ja sogar ‚echter‘ in Form oftmaliger Verklärungen und ‚Nostalgisierungen‘ der Vergangenheit (Bsp. Studentenunruhen, Woodstock). Offenbar finden hier Mythenkonstruktion statt, die durch Wiederholung und Vervielfältigung seitens der Popmusikkultur- und Medienindisutrien selbst und auch durch Pop-Rezipierende zu einer ‚self-fulfilling prophecy‘ der Geschichtskonstruktion wird, auch und insbesondere in Pop (Emotionalisierung, Personalisierung etc.). Fruchtbarer erscheint stattdessen eine genauere Beobachtung und Berücksichtigung der Ausdifferenzierungen (Micropolitics/Macropolitics, Wirtschaft, Gesellschaft, Globalisierung, Digitalisierung) und gleichzeitigen Entdifferenzierungen (Korruptionen, Fundamentalismen und Radikalismen).
Im Seminar sollen zunächst grundlegende Definitionen von und Zusammenhänge zwischen Pop und Politik im weiten und im engen Sinne geklärt und dann in einem zweiten Schritt Fallstudien entworfen werden.