Aktuelle Projekte

 

Schreiben über Eroberungen im früheren Mittelalter: Legitimieren – Bewältigen – Sinn stiften

Dr. Anne Foerster

Betreuer: Prof. Dr. Hermann Kamp

Die wenig prominente Rolle von Eroberungen in den Texten des früheren Mittelalters erstaunt, bei all dem Lob des Herrschers über viele Völker und bei der Bedeutung von Kriegen in diesen Schriften. Das Projekt will daher aufzeigen, wie mittelalterliche Autor*innen Eroberungen zur Sprache bringen, wie sie sie moralisch und rechtlich bewerten, welchen über das Ereignis hinausgehenden Sinn sie ihnen zuschreiben, welche Absichten sie den Eroberern unterstellen und wie sie das Verhältnis von Eroberern und Eroberten inszenieren. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Legitimation der gewaltsamen Herrschaftsübernahme. Besondere Aufmerksamkeit gilt den jeweiligen (klassischen) Vorbildern und Autoritäten wie etwa dem Troja-Mythos oder der bellum iustum-Lehre des Kirchenvaters Augustinus.

Als prominente Wortführer für ihre jeweils von Eroberungen geprägten Zeit dienen der Untersuchung – inmitten zahlreicher weiterer Autor*innen – Gregor von Tours (spätes 6. Jhd.), Einhard (frühes 9. Jhd.), Widukind von Corvey (spätes 10. Jhd.) und Helmold von Bosau (spätes 12. Jhd.).

Laufzeit: 2017 - 2023

 

infantaticum, regina, imperatrix - Erbe und Herrschaft von Töchtern spanischer Herrscher im 10. - 12. Jahrhundert

Dania Lins

Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Englisch

Wie einer Urkunde aus dem Jahr 1157 zu entnehmen ist, tätigte Sancha, die Schwester König Alfons VII., einleitend mit den Worten „Ego Sancia regina, comitis Raimundi et Vrrache regine ragina proles ...“ eine Spende an die Kathedrale von Zamora und die Kirche von San Miguel de Mercadillo. Eine für das spanische Hochmittelalter typische und doch bemerkenswerte Tätigkeit; die Schwester des Königs führte als unverheiratete Frau, die kein monastisches Amt bekleidete, den Titel regina und verfügte über erhebliche Besitz- und Jurisdiktionskomplexe. Im Zuge des Promotionsvorhabens werden die erbrechtlichen Verhältnisse der Herrschertöchter im christlichen Teil Nordspaniens und die resultierende Reichweite ihrer Macht untersucht: Warum und in welchem Umfang wurden Infantinnen am materiellen, königlichen Erbe beteiligt? Wie nutzen sie ihr Erbe und welche Machtverhältnisse entwuchsen diesem? Das Verhältnis von Macht und Geschlecht zeichnet sich in Spanien differenzierter, als die bereits erforschten großen Frauenpersönlichkeiten, die als Äbtissinnen, Ehefrauen und Witwen den männlichen Herrscherfiguren lediglich adaptiv zur Seite gestellt wurden. Das Promotionsprojekt widmet sich der Analyse weiblicher Machtpositionen in ihrer Ausgestaltung und Interdependenz.

Laufzeit: 10/2016 - 10/2022

 

Die Predigten auf dem Konstanzer Konzil, 1414-1418

Prof. Dr. Malte Prietzel

Predigten waren das einzige Massenmedium des Mittelalters. Nur sie boten vor der Erfindung des Buchdrucks die Möglichkeit, viele Menschen auf einmal zu erreichen. Auch auf dem Konstanzer Konzil spielten sie daher eine wichtige Rolle. Bislang wurden diese Konzilspredigten jedoch nur in Hinblick auf theologie- und geistesgeschichtlicher Fragestellungen beachtet. Tatsächlich prägten sie die Kommunikation auf dem Konzil ganz allgemein: bei (kirchen-)politischen Diskussionen, bei der Inszenierung von Entscheidungen und bei der Ausbildung von Diskursen.

Nachweisbar sind rund 330 Predigten. Bei der Hälfte davon ist ein Text erhalten. Die anderen werden nur in anderen Quellen erwähnt. Tatsächlich war die Zahl der Predigten auf dem Konzil sicherlich höher, wenigstens bei 400 bis 500 Predigten.

Laufzeit: 2020 - 2023

Drittmittel: DFG

 

Rituelle Unterwerfungen vor dem Stadtherrn

Carolin Streuber

Betreuer: Prof. Dr. Hermann Kamp

Im Ringen um Rechte und Privilegien gerieten Städte immer wieder in Konflikte mit ihren Stadtherren und unterlagen nicht selten dabei. Im Rahmen der Friedensschlüsse nach diesen Auseinandersetzungen werden sowohl in den erzählenden Quellen als auch in Urkunden und Verträgen immer wieder Rituale beschrieben. Das Promotionsvorhaben fragt nach der rituellen Ausprägung solcher Friedensschlüsse im römisch-deutschen Reich, Italien und Frankreich und verfolgt im Einzelnen, wie sich die Rituale und deren Funktion im Laufe des hohen und späten Mittelalters veränderten und worin regionale Unterschiede begründet waren. Dadurch sollen nicht nur Erkenntnisse über die Funktion der Rituale gewonnen werden, sondern insbesondere auch über die sich wandelnde politische und soziale Stellung der Städte in den verschiedenen Reichen.

 

Die Visualisierung des Göttlichen – Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik im Spiegel der Herrschaftsprogrammatik frühmittelalterlicher Reiche

Katrin Weidemann

Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Englisch

Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik sind eng verbunden mit der Kultur des Westgotenreichs und der Herrschaftsprogrammatik der Könige des asturischen Reichs, das von ca. 722 bis 910 n.Chr. existierte. Dies äußert sich in den Patrozinien der gestifteten Kirchen, in deren künstlerischer Ausgestaltung und Epigrafik, sowie in Kleinkunst und Schriftgut. Weitgehend unberücksichtigt geblieben ist bislang, dass sowohl in der westgotischen als auch in der asturischen Zeit Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik wechselnde Akzentuierungen erfahren. Diese Entwicklungen beleuchten politische und kirchenpolitische Prozesse und können uns einen neuen Blickwinkel auf diese eröffnen. Auch für das Karolingerreich lässt sich der gezielte Rückgriff auf die hier behandelten Elemente der christlichen Kultur feststellen. Es bleibt zu überprüfen, ob ebenfalls konkrete Bezüge zum historischen Kontext bestehen und neue Erkenntnisse hinsichtlich bestimmter Ereignisse oder Ereignisketten gewonnen werden können.

Laufzeit: 2021 - 2023