IEMAN-Vortrag von Dr. Daniel Eder (Kiel): „Elftausend Jungfrauen vor Köln. Überlegungen zu einer heteronormativitätskritischen Lektüre der Ursulalegende“

Das "Institut zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens" (IEMAN) lädt herzlich für Dienstag, den 6. Juni 2023, zu einem Vortrag von Dr. Daniel Eder aus Kiel ein, der über „Elftausend Jungfrauen vor Köln. Überlegungen zu einer heteronormativitätskritischen Lektüre der Ursulalegende“ sprechen wird.

Die Veranstaltung beginnt um 18.15 Uhr und findet im Raum O1.224 statt. 

Dass elftausend Jungfrauen, die sich mit ihrer Anführerin Ursula, einer britannischen Königstochter, auf eine Pilgerfahrt den Rhein hinab und nach Rom begeben haben, und schließlich auf dem Rückweg vor den Toren der Stadt Köln ihr Martyrium durch feindliche Hunnenheere erleiden, gehört seit der ersten Kölner Passio Fuit tempore pervetusto (um 975) zum narrativen Kernbestand der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fassungen der Ursulalegende. Der Umstand, dass hier – sehr selbstbewusste – virgines als ein ‚geistliches Heer‘ auftreten, das in ganz Europa Furore macht, scheint über die gesamte Überlieferungsgeschichte hinweg gleichermaßen Bewunderung wie auch gewisse Beunruhigung erzeugt zu haben; schließlich fallen in mehreren Legendenzeugnissen deutliche Versuche auf, diese Gruppe an ungebundenen ‚geistlichen Amazonen‘ doch etwas einzuhegen, etwa dadurch, dass man sie mit männlichen Begleitern versieht oder die Rolle von Ursulas Bräutigam Aetherius im Martyrium vor Köln forciert. Diesen Vorgängen der narrativen und bildlichen Glättung des subversiven Genderpotenzials der Ursulageschichte will der Vortrag nachgehen, um eine heteronormativitätskritische Lektüre der Legende zu erproben.