Wenn die moderne Wirtschaft sich durch eine spezifische Verbindung von Massenproduktion und Massenkonsum auszeichnet, die sie als Bedingung ihrer eigenen Möglichkeit zugleich hervorbringt und stabilisiert, dann kommt dem Einzelhandel, seinen Formen und deren Wandel in der modernen Wirtschaftsgeschichte eine zentrale Rolle zu. In diesem von der Wirtschaftsgeschichtsschreibung lange stiefmütterlich behandelten Bereich waren die Warenhäuser die entscheidende Innovation, mit der es gelang, die Konzentration von vermögenslosen Menschen in großen Städten überhaupt erst zuzulassen. Diese Menschen, die Beschäftigten u.a. der großen Fabriken und Verwaltungen, galt es preiswert zu versorgen. Das Warenhaus, dessen Geschichte hier am Beispiel der Berliner Hermann Tietz-Firma, nach 1933 der Hertie GmbH, nachgegangen werden soll, war eine zentrale ökonomische Innovation der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die überdies das Bild der meisten modernen Großstädte maßgeblich bestimmt hat. Dass es heute neue Formen gibt, in denen sich der Massenabsatz vollzieht, ändert nichts daran, dass ohne die Warenhäuser, deren große Zeit mit dem Boom in den 1970er Jahren endete, die jüngere Wirtschaftsgeschichte anders verlaufen wäre.
Der Vortrag findet im Rahmen der Ringvorlesung der Arbeitsbereiche NNG und ZG im Raum E0.143 statt. Insgesamt acht Historiker*innen geben uns Einblicke in ihre laufenden Forschungsprojekte. Alle an Geschichte Interessierten sind zum Zuhören und Mitdiskutieren jederzeit willkommen.