Heim­vorteil trotz Geister­spiel – Stud­ie belegt: Zuschauer sind nicht der Haupt­fak­t­or

 |  Forschung

Seit der Corona-Pandemie wird viel darüber diskutiert, ob durch Geisterspiele der Heimvorteil schwindet. Eine neue Studie der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Paderborn zeigt: Den Heimvorteil gibt es auch in Spielen ohne Zuschauer*innen.

Im Profifußball gewinnt die Heimmannschaft häufiger als die Auswärtsmannschaft. Dieser sogenannte Heimvorteil zeigt sich in allen Ligen der Welt und ist ein empirisch abgesichertes Phänomen. Je nach europäischer Liga liegt das Verhältnis von Heimsieg, Unentschieden und Auswärtssieg in etwa bei 50:25:25. In der Bundesliga ist der Heimvorteil etwas geringer bei 47:25:28. Das heißt: In 47 von 100 Spielen gewinnt die Heimmannschaft, aber nur in 28 von 100 Spielen die Auswärtsmannschaft. Als Gründe dafür werden häufig der unmittelbare Einfluss der Zuschauer*innen auf Schiedsrichterentscheidungen sowie die offensivere Spielweise der Heimmannschaft, angefeuert durch heimische Fangesänge, genannt.

„Wir haben mehr als 40.000 Spiele vor und während der Pandemie analysiert“, erläutert Prof. Dr. Daniel Memmert, der die Studie gemeinsam mit Fabian Wunderlich an der Sporthochschule durchgeführt hat. „Das waren alle Spiele aus zehn Saisons in zehn Ligen aus sechs europäischen Ländern“, ergänzt der Wissenschaftler. Darunter: mehr als 1.000 Profispiele ohne Zuschauer*innen in den wichtigsten europäischen Fußballligen. Zusätzlich haben die Wissenschaftler Wettquoten miteinbezogen, aus denen direkt die Markteinschätzung für den Heimvorteil in Spielen mit und ohne Zuschauer*innen abgelesen werden kann. „Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass der Wettmarkt sich selten irrt und zudem haben Wettquoten den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu den echten Ergebnissen weniger anfällig für zufällige Einflüsse sind“, erklärt Fabian Wunderlich.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich zwar die spielrelevanten Parameter, wie Torschüsse sowie gelbe und rote Karten, ohne Zuschauer angleichen, sich dies aber nur begrenzt auf den eigentlichen Heimvorteil im direkten Vergleich zwischen den Spielen vor Covid-19 mit Zuschauern und den Geisterspielen während der Pandemie auswirkt“, erklärt Memmert. Obwohl Schiedsrichter*innen nicht mehr die Heimmannschaft in ihren Entscheidungen favorisieren und beide Mannschaften ähnlich offensivstark agieren, besteht auch in Geisterspielen eindeutig ein Heimvorteil, so das zentrale Ergebnis der Studie.

Wenn dem aber so ist, müssten dann nicht auch im Amateurbereich öfter die Heimteams gewinnen? „Eindeutig ja“, sagt Prof. Dr. Matthias Weigelt, Mit-Autor der Studie von der Universität Paderborn, „denn wir haben auch fast 6.000 Spiele aus der Kreisliga A miteinbezogen und können zeigen, dass der Heimvorteil nicht nur bei Profis sondern auch bei Freizeitkickern existiert. Und diese kommen auch nicht, oder selten, in den Genuss von vollen Rängen und lauten Fangesängen.“ Zudem entfallen die Reisestrapazen für die Auswärtsmannschaften in der Kreisliga A, welche oft als ein weiterer Faktor für den Heimvorteil angesehen werden.

Der Heimvorteil könne demnach nicht mit dem positiven Einfluss der sozialen Unterstützung durch Zuschauer*innen allein erklärt werden, resümieren die Wissenschaftler. Andere Faktoren, wie das Territorialverhalten der Heimmannschaft in gewohnter Umgebung, seien ausschlaggebend für den Heimvorteil.

Foto (Deutsche Sporthochschule Köln): In einer gemeinsamen Studie der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Paderborn wurde untersucht, welche Faktoren den Heimvorteil beeinflussen.

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