KI und Data Sci­ence in der Produk­tent­stehung

 |  Forschung

Neues DFG-Schwerpunktprogramm unter Leitung der Universität Paderborn

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat sechs neue Schwerpunktprogramme eingerichtet, die im kommenden Jahr starten. Bei den Initiativen werden wissenschaftliche Grundlagen besonders aktueller Forschungsgebiete standortübergreifend untersucht. Prof. Dr.-Ing. Iris Gräßler, Wissenschaftlerin an der Universität Paderborn, leitet eines der Programme. Ziel des großangelegten Vorhabens ist es, die Leistungsfähigkeit der interdisziplinären Produktentstehung zu erhöhen. Damit sollen die komplexen Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft, globaler Abhängigkeiten und der digitalen Transformation im Maschinen- und Anlagenbau gemeistert werden. Im Kern geht es dabei um Grundlagenforschung zu Verfahren und Methoden von Data Science und künstlicher Intelligenz (KI), die künftig menschliche Fähigkeiten ergänzen können. Die sechs Programme werden über eine Dauer von zunächst drei Jahren mit insgesamt 44 Millionen Euro gefördert.

Etablierte Verfahren stoßen an ihre Grenzen

„Technische Systeme sind zunehmend interdisziplinär, komplex und immer stärker miteinander vernetzt. Produkt und Produktionssystem erfordern deshalb eine Mehrzieloptimierung. Durch den Anspruch auf Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit steiget die Komplexität noch weiter an“, erklärt Gräßler, die am Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn den Lehrstuhl für Produktentstehung leitet. Laut der Wissenschaftlerin treten viele der daraus resultierenden Anforderungen allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt im Produktleben auf, z. B. während der Nutzung, der Außerbetriebnahme oder der Materialrückführung. Aber: Vor- und nachgelagerte Ressourcenverbräuche sowie zukünftig verfügbare Rezyklatmengen – Stoffe, die beim Recycling von Kunststoffen gewonnen werden – müssen bereits während der Produktentstehung mitgedacht werden. Die Gesamtverantwortung dafür tragen die Produktentwickler*innen als zentrale Akteur*innen der Kreislaufwirtschaft. Gräßler nennt ein konkretes Beispiel: „Ein Elektrofahrzeug muss heute eine große Reichweite haben, lange nutzbar sein und am Ende seines Lebens wiederverwendbar bzw. rezyklierbar sein. Zum Zeitpunkt der Produktentstehung sind allerdings noch gar nicht ausreichend Produkte im Betrieb, um tatsächliches Fahr- und Nutzerverhalten, Ladezyklen, Verschleiß oder die Technologiereife von Recycling-Verfahren sicher bewerten zu können. Technische Systeme müssen auf die Anforderungen zukünftiger Märkte hin gestaltet werden, dabei aber auch auf Produktions-, Instandhaltungs- und Recyclingtechnologien ausgelegt werden. Die Leistungsfähigkeit bislang etablierter Verfahren der Ingenieurwissenschaften – wie Heuristiken, Modellbildung und Simulation – stößt in solchen Fällen an ihre Grenzen.“

Neues Wissen für zukünftige Prozesse

Die diversen Herausforderungen machen eine Leistungssteigerung der interdisziplinären Produktentstehung notwendig. Dieses Ziel wollen die Wissenschaftler*innen durch die systematische Einbeziehung von Daten erreichen. Mithilfe von Data Science und KI können z. B.  relevante Zusammenhänge zwischen der Produktnutzung und der Rückführung von Produktbestandteilen in den Materialkreislauf abgebildet werden. Gräßler: „Neue Konzepte sind erforderlich, um in der Produkt- und Produktionssystementwicklung mit schnell veränderlichen, extremen Daten in unterschiedlichen Formaten umzugehen und zukünftig erforderliche Datenlagen rechtzeitig vorzubereiten: Welche Daten brauchen wir heute, welche morgen? Welche Informationen müssen wir zu welchem neuen Wissen aggregieren, um es in zukünftigen Entwicklungsprozessen zu berücksichtigen?“ Methoden von KI und Data Science könnten künftig – als Ergänzung menschlicher Fähigkeiten – in Verbindung mit bisherigen Verfahren genutzt werden, um die Effizienz der Produktentstehung zu erhöhen.

Foto (Universität Paderborn, Besim Mazhiqi): Prof. Dr.-Ing. Iris Gräßler von der Universität Paderborn leitet ein neues Schwerpunktprogramm der DFG im Bereich Produktentstehung.

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Prof. Dr. Iris Gräßler

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