Vom Skript(en) zum Er­klär­vi­deo – ei­ne Ana­ly­se mul­ti­mo­da­ler Er­klär­hand­lun­gen

Sylvia Risse

Seit langem spielt das mündliche und schriftliche Erklären in vielen unterrichtlichen Zusammenhängen eine zentrale Rolle, der expliziten Vermittlung von Erklärkompetenzen wird jedoch erst seit kurzem größere Bedeutung beigemessen (vgl. Morek 2019, Feilke/Rezat 2021). Ein ähnliches Bild ergibt ein Blick auf das multimodale Erklären im Format Erklärvideo, das in rezeptiven wie produktiven Kontexten seit einiger Zeit ebenfalls Einzug in den Unterricht hält und von Lernenden spezifische Kompetenzen erfordert: Erklärt wird in Erklärvideos nicht in erster Linie auf sprachlicher Ebene, sondern in Kombination mit weiteren Zeichenmodalitäten (vgl. Knopp/Schindler 2021). Studien oder Unterrichtshandreichungen zu Erklärvideos klammern diese explizit sprachliche Perspektive, d.h. die Besonderheit der Sprachhandlung des Erklärens im multimodalen Format Erklärvideo, jedoch noch weitestgehend aus (vgl. u.a. Kulgemeyer 2020).

Damit einher geht, dass in der unterrichtlichen Praxis das Skripten als der Schritt in der Gestaltung von Erklärvideos, bei dem die multimodalen Erklärungen geplant und angelegt werden, eine untergeordnete Rolle spielt. Das spiegelt sich auch in der Forschung wider: Wenngleich das Skripten aus schreibdidaktischer Sicht das Kernstück auf dem Weg zum Erklärvideo ist, fehlt es hierzu an empirisch-fundierten Forschungsergebnissen. Der Prozess des Skriptens ist eine Leerstelle.

Diese Leerstelle ist der Anknüpfungspunkt für das Dissertationsprojekt. Der Prozess des Skriptens und die dabei entstandenen Textprodukte, d.h. die Skripte von Lernenden, bilden den Untersuchungsgegenstand des qualitativ angelegten Vorhabens. Den Schwerpunkt bei der Untersuchung der genannten Prozess- und Produktdaten bilden Typen des Erklärens (vgl. Klein 2009) und insbesondere Textprozeduren des Erklärens (vgl. u.a. Feilke/Rezat 2021), die von den Lernenden im Prozess des Skriptens angelegt und im Skript realisiert werden. Es geht also zum einen um die Analyse ausdrucksseitiger Umsetzungen zentraler Textprozeduren des Erklärens in multimodaler Form und das Verhältnis von Text und Bild in multimodalen Erklärungen Lernender. Zudem umfasst das Forschungsinteresse multimodale Erklärkompetenzen Lernender im Kontext der Produktion von Erklärvideos. Hierfür werden bspw. Vorstellungen in Bezug auf das Erklären in Erklärvideos und Intentionen in Bezug auf die Gestaltung multimodaler Erklärungen (vgl. Knopp/Schindler 2021) berücksichtigt.

Zur Beantwortung der Fragen werden Daten in einem situierten Schreibarrangement erhoben, in dem Lernende kooperativ Skripte für Erklärvideos zum Thema indirekte Redewidergabe verfassen und diese anschließend als Grundlage zur Produktion eigener Erklärvideos nutzen.

Literatur: 

Feilke, Helmuth/Rezat, Sara (2021): Erklärtexte lesen und schreiben. Basisartikel. In: Praxis Deutsch 285, S. 4-13.

Klein, Josef (2009): Erklären – was, Erklären – wie, Erklären – warum. Typologie und Komplexität zentraler Aspekte der Welterschließung. In: Vogt, Rüdiger (Hg.): Erklären. Gesprächsanalytische und fachdidaktische Perspektiven. 2. Aufl. Tübingen: Stauffenburg Verlag, S. 25-36.

Knopp, Matthias/Schindler, Kirsten (2021): Multimodales Erklären im Deutschunterricht. In: k:ON - Kölner Online Journal für Lehrer*innenbildung, Sonderausgabe 1, 2021, S. 51-79, DOI: https://doi.org/10.18716/ojs/kON/2021.s.4.

Kulgemeyer, Christoph (2020): Didaktische Kriterien für gute Erklärvideos. In: Dorgerloh, Stephan/Wolf, Karsten D. (Hg.): Lehren und Lernen mit Tutorials und Erklärvideos. Weinheim: Beltz, S. 70-75.

Morek, Miriam (2019): Erklären. In: Rothstein, Björn/Müller-Brauers, Claudia (Hg.): Kernbegriffe der Sprachdidaktik Deutsch. Ein Handbuch. 3. überarb. und erw. Auflage. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren (Handbücher für den Unterricht. Thema Sprache, 1), S. 70–72.