Forschung

Forschungs- und Lehrprojekte

DFG-Projekt: Computergestütztes Lernen argumentativen Schreibens in der digitalen Schulbildung

Projektleitung: Prof. Dr. Sara Rezat/Prof. Dr. Henning Wachsmuth 

Förderzeitraum: Januar 2022 - Dezember 2024

Digitale Technologien verändern unsern Alltag und unser Berufsleben und dadurch auch unsere Formen des Lernens. Bislang steckt diese gerade im deutschsprachigen Raum noch in den Kinderschuhen, geht selten über Multiple-Choice-Tests und vergleichbar simple Technologien hinaus. Ein wichtiger Bestandteil der Schulbildung ist – sowohl schuljahr- als auch fächerübergreifend – das argumentative Schreiben.

Das beantragte Projekt befasst sich damit, wie sich deutschsprachige Schüler*innen beim Erwerb schriftlicher argumentativer Kompetenzen durch den Einsatz algorithmischer Methoden unterstützen lassen. Die Methoden sollen automatisch argumentative Texte analysieren, um auf dieser Basis entwicklungsorientiertes Feedback zu gelungenen und ausbaufähigen Aspekten zu geben sowie Verbesserungsvorschläge zu machen, und zwar angepasst an den Entwicklungsstand.

Zur Projektseite.

Bei dem im Jahr 2020 initiierten Projekt „Schreibcoaches: Studierende in Spee“ handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Germanistischen Sprachdidaktik der Universität Paderborn (AG Prof. Dr. Sara Rezat) und der Paderborner Friedrich-Spee-Gesamtschule. Mit dem Projekt ist die Idee verbunden, Schülerinnen und Schüler individuell beim Erwerb von Schreibkompetenzen zu unterstützen. Lehramtsstudierende arbeiten mit Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule in kleineren Teams und geben regelmäßig Feedback zu Texten oder Textentwürfen, die im Rahmen des Deutschunterrichts oder beim Schreiben der Facharbeit verfasst werden. 

Das Projekt ist von der Universität Paderborn im Jahr 2021 mit dem Förderpreis für Innovation in der Lehre ausgezeichnet worden.

zur Projektseite

 

Lehr- und Forschungsschwerpunkte

Im Bereich der Schreib- und Textdidaktik liegt der Fokus auf der Erforschung von Textprozeduren. Textprozeduren stellen zentrale Ansatzpunkte sowohl für die Erforschung des Erwerbs literaler Textkompetenz als auch für die Förderung grammatischer Textkompetenz im Sinne grammatischen Lernens dar. Textsorten bzw. Texthandlungstypen sind der Ausgangspunkt, um typische grammatische Gebrauchsmuster und die mit ihnen verbundenen Handlungsschemata zunächst rezeptiv zu erfassen und zu ordnen und darauf aufbauend produktiv für das eigene Schreiben anzuwenden (vgl. Rezat 2016).

Die im Weiteren skizzierten Projekte sind in einen produktiven Fachdiskurs eingebettet. Die Einzelprojekte folgen der gemeinsamen Grundidee, aus der Erforschung des Erwerbs und der Nutzung von Textprozeduren Konsequenzen für die Förderung von Textprozeduren sowie entsprechende Förderkonzepte abzuleiten.

Interdisziplinäres DFG-Projekt zum Thema "Computergestütztes Lernen argumentativen Schreibens in der digitalen Schulbildung" (Prof. Dr. Sara Rezat, Prof. Dr. Henning Wachsmuth, Universität Paderborn)

Konzeption einer fächerübergreifenden digitalen Lernumgebung für Lesen, Schreiben und den Umgang mit Texten (gemeinsam mit Prof. Dr. Carsten Schulte, Prof. Dr. Sebastian Rezat)

Der Fokus der im Projekt skizzierten Entwicklungsidee liegt auf der digitalen Modellierung von im weiteren Sinn text- und medienbezogenen bzw. -gestützten unterrichtlichen Problemlöse- und Lernprozessen. Konkret geht um die Entwicklung und Evaluierung fächerübergreifend nutzbarer, digital gestützter „Formate“ für Praktiken des Umgangs mit und der Produktion von Texten in Lernzusammenhängen. Leitend ist dabei die Annahme, dass es nicht primär technische, sondern digital gestützte semiotische Konfigurationen sind, die für ein Scaffolding bei Lernprozessen wirksam werden können. Im Blick auf das Lernen in einer solchen digitalen Lernumgebung geht es um Praktiken z.B. des vergleichenden Lesens bzw. der Materialrezeption; der Analyse und analytischen Markierung und Annotation von Materialien/Texten; der Extraktion, diagrammatischen Darstellung und Visualisierung von Verstehens- und Analyseergebnissen. Im Projekt wurde ein digitales Tool zum textvergleichenden Lesen entwickelt, für das aktuell Unterrichtsszenarien ausgearbeitet werden, die WS 2021/22 im Schulkontext und in universitären Lehrveranstaltungen erprobt und evaluiert werden.

Materialgestütztes Schreiben bezeichnet einen relativ neuen Aufgabentyp des Deutschunterrichts, der seit 2012 in den Bildungsstandards der KMK für die Allgemeine Hochschulreife zu finden ist und ein verbindliches Prüfungsformat für das Abitur darstellt. Es ist auf die Anbahnung beruflicher und propädeutischer Schreibkompetenzen gerichtetet.

Konzeption einer fächerübergreifenden digitalen Lernumgebung für Lesen, Schreiben und den Umgang mit Texten (gemeinsam mit Prof. Dr. Carsten Schulte, Prof. Dr. Sebastian Rezat)

Der Fokus der im Projekt skizzierten Entwicklungsidee liegt auf der digitalen Modellierung von im weiteren Sinn text- und medienbezogenen bzw. -gestützten unterrichtlichen Problemlöse- und Lernprozessen. Konkret geht um die Entwicklung und Evaluierung fächerübergreifend nutzbarer, digital gestützter „Formate“ für Praktiken des Umgangs mit und der Produktion von Texten in Lernzusammenhängen. Leitend ist dabei die Annahme, dass es nicht primär technische, sondern digital gestützte semiotische Konfigurationen sind, die für ein Scaffolding bei Lernprozessen wirksam werden können. Im Blick auf das Lernen in einer solchen digitalen Lernumgebung geht es um Praktiken z.B. des vergleichenden Lesens bzw. der Materialrezeption; der Analyse und analytischen Markierung und Annotation von Materialien/Texten; der Extraktion, diagrammatischen Darstellung und Visualisierung von Verstehens- und Analyseergebnissen. Im Projekt wurde ein digitales Tool zum textvergleichenden Lesen entwickelt, für das aktuell Unterrichtsszenarien ausgearbeitet werden, die WS 2021/22 im Schulkontext und in universitären Lehrveranstaltungen erprobt und evaluiert werden.

Literatur:

Rezat, Sebastian/Rezat, Sara (2020): Schulbücher. Werkzeuge zum Üben in den Fächern Deutsch und Mathematik. In: Die Grundschulzeitschrift 320, S. 10-13.
Sara Rezat/Sebastian Rezat (2019): „...weil man Fermi-Aufgaben so rechnet“. Modelltexte als sprachliche Ressource für das Erklären von Lösungswegen bei Fermi-Aufgaben. In: Mathematik differenziert 3/2019, S. 30-37.
Rezat, Sebastian/Rezat, Sara (2017): Subject specific genres and genre awareness in integrated mathematics and language teaching. In: EURASIA Journal of Mathematics, Science & Technology Education 13 (7b), p. 4157-4188. DOI: https://doi.org/10.12973/eurasia.2017.00805a

 

Lehrprojekt „Sprachsensibler Mathematikunterricht“ (Sommersemester 2018)
Fakultätsübergreifendes Seminar der Sprach- und Mathematikdidaktik, Prof. Dr. Sara Rezat/Prof. Dr. Sebastian Rezat

Alle schulischen Lernprozesse basieren auf sprachlicher Vermittlung, daher spielen sprachliche Kompetenzen nicht nur im Deutschunterricht, sondern auch im Mathematikunterricht eine wesentliche Rolle. Der Erwerb mathematischer Kompetenzen ist eng mit der Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten verknüpft und die Förderung mathematischer Kompetenzen ist ohne eine sprachliche Vermittlung undenkbar.  
Für den Mathematikunterricht bedeutet dies, dass (bildungs-)sprachliche Fähigkeiten gezielt in einem sprachsensiblen Unterricht angebahnt und vertieft werden müssen. 

Welche Rolle spielt Sprache für das Lösen von Aufgaben im Mathematikunterricht? Was sind z.B. sprachliche Hürden für SchülerInnen, wenn Sie Textaufgaben lösen? Inwiefern hängen sprachliche Fähigkeiten mit der Fähigkeit zusammen, mathematische Aufgaben zu lösen? Wie können SchülerInnen beim Lernen von Mathematik in sprachlicher Hinsicht unterstützt werden?

Diese Fragen stehen im Zentrum des fakultätsübergreifenden sprach- und mathematikdidaktischen Seminars. Die Studierenden arbeiten in Kleinprojekten an den oben genannten Fragestellungen, indem Sie beobachten und filmen, wie Schülerinnen und Schüler ausgewählte Mathematikaufgaben lösen. Aufbauend auf den Scaffolding-Ansatz nach Gibbons wird im ersten Schritt eine Diagnose des Ist-Standes vorgenommen und geklärt, über welche sprachlichen Kompetenzen der Schüler/die Schülerin verfügt und welche bildungssprachlichen Anforderungen die ausgewählte Lernaufgabe stellt. Im darauf aufbauenden Schritt werden gezielt Fördermöglichkeiten abgeleitet und danach gefragt, wie ein geeigneter situierter Lernkontext geschaffen werden kann bzw. wie der Lernkontext im Sinne eines sprachsensiblen Unterrichts durch entsprechende Scaffoldingmaßnahmen modifiziert werden kann. 

 

Sprachsensibler Umgang mit Genres im Mathematikunterricht 

Arbeiten zu sprachlichen Aspekten des Mathematiklernens fokussieren bislang im Wesentlichen die Wort- und Satzebene. Über sprachliche Aspekte des Mathematiklernens auf der Textebene gibt es bislang wenig gesicherte Erkenntnisse.

Das Projekt beschäftigt sich mit sprachlichen Aspekten des Mathematiklernens auf der Textebene. Im Zentrum stehen dabei die Fragen, wodurch mathematische Texte im Sinne der Genre-Pädagogik gekennzeichnet sind und inwiefern mathematische Texte überhaupt spezifische Textmuster/Genres sind. Erkenntnisse zu diesen Fragen sind Voraussetzung für eine Auseinandersetzung mit mathematischen Textmustern/Genres innerhalb der Fachdidaktik und des Fachunterrichts und wesentlich für die Frage, was sprachsensibler Mathematikunterricht in Bezug auf die Textebene bedeutet. 

Das Projekt ist ein 2014 initiiertes Vorhaben gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Rezat (Universität Paderborn), in dem sowohl aus Lehrerperspektive als auch aus Schülerperspektive der Umgang mit mathematischen Textsorten (u.a. Sachaufgaben, Konstruktionsbeschreibungen, vgl. Rezat/Rezat 2012; Rezat/Rezat/Janzen 2016; Rezat/Rezat, 2017) qualitativ untersucht wird. 

  

„Effects on the demand of reading ability when translating mathematical tasks between different languages“ (Laufzeit: 01/01/2014 - 12/31/2016)

In dem Projekt „Effects on the demand of reading ability when translating mathematical tasks between different languages“ (Umeå University, Department of Science and Mathematics Education) werden PISA-Aufgaben aus dem Bereich Mathematik sprachvergleichend untersucht. Inhaltlich sind PISA-Aufgaben für alle Länder identisch, die Übersetzung der Aufgaben in die Einzelsprachen erfolgt nach einem normierten Vorgehen. Nichtsdestotrotz wirkt sich die jeweilige Sprache unterschiedlich auf die Anforderungen im Bereich der Lesefähigkeit aus. Im Projekt wird der Frage nachgegangen, welche Gründe es für unterschiedliche Anforderungen der Lesefähigkeit gibt und inwiefern diese unterschiedlichen Anforderungen tatsächlich sprachspezifisch sind.

Die Arbeitsgruppe besteht aus Dr. Ewa Bergqvist (Head of research); Dr. Magnus Österholm; Dr. Cris Edmonds-Wathen; Frithjof Theens; Moa Eirell; Annika Manni; Debbie Michels (Umeå University); Prof. Dr. Caroline Liberg (Uppsala); Prof. Dr. Candia Morgan (London), Prof. Dr. Sara Rezat, Prof. Dr. Sebastian Rezat (Paderborn). In diesem Projekt arbeite ich beratend als Expertin für den Bereich der deutschsprachigen PISA-Aufgaben in dem Projekt.

Lehrerinnen und Lehrer stehen in ihrem Berufsalltag vor vielfältigen kommunikativen Anforderungen. In dem Projekt Kommunikation im Lehrerberuf steht die Ermittlung kommunikativer, insbesondere schreib- und medienspezifischer Anforderungen im Berufsalltag von Lehrerinnen und Lehrern im Mittelpunkt. Methodische Grundlage bilden leitfadengestützte Interviews mit ReferendarInnen, LehrerInnen und SchulleiterInnen.

Der Schwerpunkt des Projekts stellt das beurteilende Schreiben von Lehrerinnen und Lehrern dar. Wir interessieren uns für typische Merkmale (u.a. gesellschaftlicher Zweck, institutionelle Rahmenbedingungen, Adressaten) und die sprachliche Realisierung (prototypische Textroutinen) beurteilender Textsorten wie Lehrerkommentare unter schriftlichen Arbeiten und Berichtszeugnisse und dafür, wie (angehende) Lehrerinnen schriftliche Beurteilungskompetenz erwerben (vgl. Jost/Lehnen/Rezat 2011). In diesem Schwerpunkt wird ein Korpus von Berufstexten aufgebaut. 

Aufbauend darauf stellt sich die Frage, wie sich die beruflichen Schreibprozesse in die Lehramtsausbildung und in Lehrerfortbildungen integrieren lassen. Ziel des Projekts ist daher auch die Entwicklung didaktischer Konzepte für Studium und Lehrerfortbildungen (vgl. Jost/Lehnen/Rezat/Schindler 2011).

Die Arbeit in dem Schwerpunkt ist eine Kooperation zwischen den Standorten Gießen, Köln und Paderborn. 

ProjektpartnerInnen: Prof. Dr. Jörg Jost (Köln), Prof. Dr. Katrin Lehnen (Gießen), Prof. Dr. Sara Rezat (Paderborn), Dr. Kirsten Schindler (Köln)

 

Publikationen

Rezat, Sara (2016): Fachspezifische Leistungsbewertung und –beurteilung. In: Goer, Charis/Köller, Katharina (Hrsg.): Fachdidaktik Deutsch. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag, S. 97-111.

Rezat, Sara (2013): „Ich kann mich doch nicht selbst beurteilen…“ – Wege zur Selbstbeurteilung im Deutschunterricht. Basisbeitrag. In: Fördermagazin Sekundarstufe 4/2013, S. 5-8. 

Jost, Jörg/ Lehnen, Katrin/ Rezat, Sara/ Schindler, Kirsten (2011): Schriftliches Beurteilen lernen. In: Bräuer, Gerd/ Schindler, Kirsten (Hrsg.): Schreibarragements für Schule, Hochschule, Beruf, Freiburg: Fillibach, 221-239.

Jost, Jörg/ Lehnen, Katrin/ Rezat, Sara (2011): "Dein Wortbildgedächtnis ist recht gut gefestigt..." - Institutionenspezifische Beurteilungspraktiken am Beispiel schulischer Berichtszeugnisse und Lehrerkommentare. In: Birkner, Karin/ Meer, Dorothee (Hrsg.): Institutionalisierter Alltag - Mündlichkeit und Schriftlichkeit in unterschiedlichen Praxisfeldern, Mannheim: Verlag für Gesprächsforschung, 167-194.    

Betreute Dissertationen

Im Fokus der Dissertation steht das materialgestützte Schreiben als Aufgabenformat, das ein "sprachlich und medial transformierendes Schreiben" (Feilke 2017, 6) erfordert. Innerhalb solcher Schreibsettings sind Lernende aufgefordert, u.a. diskontinuierliche Texte zielgerichtet zu rezipieren, zu synthetisieren und in einen kohärenten Text zu integrieren (vgl. Schüler 2017, Philipp 2021). An der Schnittstelle zwischen Verstehens- und Formulierungsprozessen, der Transkription von diskontinuierlichem Material hin zum eigenen Text sind Lernende dabei vor sprachliche Herausforderungen gestellt, deren Untersuchung sich das geplante Promotionsprojekt widmet. Es sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie Schüler*innen diskontinuierliche Darstellungsformen in ihren Zieltext transformieren und welche (Teil-)Fähigkeiten mit einzelnen Komponenten der Transformation verknüpft sind. Die Ergebnisse sollen einen Beitrag zur Auswahl von und zum Umgang mit diskontinuierlichem Material innerhalb materialgestützter Schreibsettings leisten.

Die Datenbasis der Analyse bildet ein Korpus aus Schülertexten, das im Rahmen einer materialgestützten Schreibaufgabe in der Sekundarstufe II entstanden ist. Neben Produktdaten bilden die bei Schreibtandems zusätzlich erhobenen Prozessdaten (Screencapturing, Gesprächsaufnahmen) eine weitere Auswertungsgrundlage mit dem Ziel, zusätzlichen Einblick in das Aushandeln von Prozedurenausdrücken zu gewinnen und gleichzeitig die mit dem diskontinuierlichen Material verbundenen Verständnisbarrieren zu identifizieren. Flankierend werden leitfadengestützte Einzelinterviews von ausgewählten SchülerInnen hinzugezogen, um tiefergehende Einblicke in den Schreibprozess zu erhalten und so zum Erkenntnisgewinn der übergeordneten Forschungsfrage beizutragen.

Literatur:

Feilke, H. (2017), Eine neue Aufgabe für das Fach Deutsch: Zusammenhänge herstellen ‐ materialgestützt schreiben. Didaktik Deutsch (43), 4–11.
Philipp, M. (2021), Schreiben lernen, schreibend lernen. Prinzipien des Aufbaus und der Nutzung von Schreibkompetenz. Springer.
Schüler, L. (2017), Materialgestütztes Schreiben argumentierender Texte. Schneider.

Der digitale Wandel hat neue Praktiken des Lesens und Schreibens, sogenannte new literacies, hervorgebracht, die in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen den Umgang mit Texten prägen. Auch wenn durch den Digitalpakt aus dem Jahr 2016 und entsprechende Strategiepapiere (Lehren und Lernen in der digitalen Welt, 2021) die Schule erste Schritte unternommen hat, um digitale Praktiken im Unterricht zu etablieren, ist, bezogen auf die Implementation im Unterricht, die Frage bisher immer noch nicht geklärt, wie das digitale Lesen und Schreiben und damit verbundene literale Praktiken didaktisch zielführend in den Deutschunterricht integriert werden können. 

An dieser Stelle setzt das Promotionsvorhaben an, in dem die digitale Modellierung von im weiteren Sinn text- und medienbezogenen bzw. -gestützten unterrichtlichen Problemlöse- und Lernprozessen fokussiert wird. Konkret zielt die Arbeit auf die Entwicklung und Evaluierung fächerübergreifend nutzbarer, digital gestützter „Formate“ für Praktiken des Umgangs mit und der Produktion von Texten in Lernzusammenhängen ab. Im Blick auf das Lernen in der digitalen kooperativen Lese- und Schreiblernumgebung AnnoPy (vgl. annopy.de), die im interdisziplinären Projekt „Konzeption einer fächerübergreifenden digitalen Lernumgebung für Lesen, Schreiben und den Umgang mit Texten“ (mit der Informatik- und Mathematikdidaktik der UPB) entwickelt wurde, geht es um Praktiken z.B. des vergleichenden Lesens bzw. der Materialrezeption; der Analyse und analytischen Markierung und Annotation von Materialien/Texten; der Extraktion, diagrammatischen Darstellung und Visualisierung von Verstehens- und Analyseergebnissen.  

Für die Erhebung der Daten wurde ein Lern-Lehrarrangement entwickelt, mit dem die Schülerinnen und Schüler unter Verwendung des Tools AnnoPy eine Schreibaufgabe bearbeiten. Die Nutzungsdaten des Tools, z. B. welche Textpassagen in den zu lesenden Texten markiert, annotiert und kommentiert wurden und welche Untersuchungsergebnisse der Schülerinnen und Schüler in das gemeinsame Gespräch über Textqualitäten einfließen, können Aufschluss darüber geben, inwiefern sich die Nutzung digitaler Praktiken des Umgangs mit Texten in den Problemlöse- und Lernprozessen zeigt. Unterstützend werden leitfadengestützte Einzelinterviews mit den Lernenden hinzugezogen, um Einblicke die Verwendung des Tools AnnoPy zu gewinnen.

Literatur:

  • Rezat, Sara (2022): Digital lesen und schreiben. In: Praxis Deutsch (292), S. 4–13.  

  • Lobin, Henning (2014): Engelbarts Traum. Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt. Frankfurt am Main: Campus-Verlag. 

Schüler*innen sollen im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung lernen, wie sie einen strittigen Sachverhalt aushandeln und im besten Fall jemanden von der eigenen Position überzeugen können. Die Strittigkeit sowie der Versuch „mit Hilfe des kollektiv Geltenden etwas kollektiv Fragliches in etwas kollektiv Geltendes zu überführen“ (Klein 2015/1980, 119) sind wesentliche Kennzeichen von Argumentationen und stellen Schüler*innen vor einige Herausforderungen. Der Erwerb argumentativer Kompetenzen ist Curricular fest verankert und macht Feedback erforderlich, um die benötigten Kompetenzen zu erwerben und auszubauen. 

Das Dissertationsprojekt ist im laufenden DFG-Projekt Computergestütztes Lernen argumentativen Schreibens in der digitalen Schulbildung verortet, dessen Ziel die Entwicklung einer Software für die Generierung individuellen und lernersensitiven Feedbacks zu argumentativen Schülertexten ist. Im Fokus des Dissertationsprojekts steht die Frage, wie sich unterschiedliche Formen des Feedbacks zu argumentativen Lernertexten auf die Revision dieser Texte auswirken. Insbesondere wird untersucht, ob Unterschiede zwischen den Revisionen erkennbar sind, wenn verschiedene Formen des Feedbacks eingesetzt werden. Dabei wird auch analysiert, auf welchen Ebenen des Textes Überarbeitungen vorgenommen werden.  Etablierte Softwares (z. B. Word) sind seit Langem in Gebrauch und haben sich vor allem für die Korrektur hierarchieniedriger Textebenen bewährt. Feedback zu den sogenannten „lower-order concerns“ (Steendam et al. 2014, 909) hat jedoch nur geringe Auswirkungen auf die Textqualität. Es wird angenommen, dass Feedback zu „higher-order-concerns“ (ebd.) einen nachhaltigeren Einfluss auf die Steigerung der Textqualität hat. Mit KIs wie Chat GPT oder Google Bard haben sich in diesem Bereich neue Möglichkeiten eröffnet, die jedoch noch nicht den schreibdidaktischen Anforderungen gerecht werden. Im DFG-Projekt wird eine Software entwickelt, die schreibdidaktische Konzepte mit einbezieht und entwicklungsförderndes Feedback generiert. „Ziel von Feedback ist es, Lernende dabei zu unterstützen, die Diskrepanz zwischen der aktuellen Leistung (z. B. die Qualität des aktuellen Textentwurfs) und der zu erzielenden Performanz (Ziel des Schreibprodukts) zu ermitteln und zu reduzieren" (Wagner/Lachner 2021, 3).

Im Rahmen des Dissertationsprojekts wird im Rahmen einer empirischen Studie verglichen, wie sich menschliches, automatisiertes und computermediatisiertes Feedback auf Textrevisionen auswirkt.

 

Klein, Wolfgang (1980/ 2015): „Argumentation und Argument“. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 10 (1980); Heft 38/ 39, 9-57. (DOI: 10.1007/978-3-476-05420-3_6).

Steendam, E. v., Rijlaarsdam, G., van den Bergh, H., & Sercu, L. (2014). The mediating effect of instruction on pair composition in L2 revision and writing. Instructional Science, 42, 905–927.

Wagner, Salome/ Lachner, Andreas (2021): Feedback – Ja, klar?! Digitale Medien zur Förderung von Schreibkompetenzen. In: leseforum.ch (2021); Nummer 3/2021, 2-14.

 

Seit langem spielt das mündliche und schriftliche Erklären in vielen unterrichtlichen Zusammenhängen eine zentrale Rolle, der expliziten Vermittlung von Erklärkompetenzen wird jedoch erst seit kurzem größere Bedeutung beigemessen (vgl. Morek 2019, Feilke/Rezat 2021). Ein ähnliches Bild ergibt ein Blick auf das multimodale Erklären im Format Erklärvideo, das in rezeptiven wie produktiven Kontexten seit einiger Zeit ebenfalls Einzug in den Unterricht hält und von Lernenden spezifische Kompetenzen erfordert: Erklärt wird in Erklärvideos nicht in erster Linie auf sprachlicher Ebene, sondern in Kombination mit weiteren Zeichenmodalitäten (vgl. Knopp/Schindler 2021). Studien oder Unterrichtshandreichungen zu Erklärvideos klammern diese explizit sprachliche Perspektive, d.h. die Besonderheit der Sprachhandlung des Erklärens im multimodalen Format Erklärvideo, jedoch noch weitestgehend aus (vgl. u.a. Kulgemeyer 2020).

Damit einher geht, dass in der unterrichtlichen Praxis das Skripten als der Schritt in der Gestaltung von Erklärvideos, bei dem die multimodalen Erklärungen geplant und angelegt werden, eine untergeordnete Rolle spielt. Das spiegelt sich auch in der Forschung wider: Wenngleich das Skripten aus schreibdidaktischer Sicht das Kernstück auf dem Weg zum Erklärvideo ist, fehlt es hierzu an empirisch-fundierten Forschungsergebnissen. Der Prozess des Skriptens ist eine Leerstelle.

Diese Leerstelle ist der Anknüpfungspunkt für das Dissertationsprojekt. Der Prozess des Skriptens und die dabei entstandenen Textprodukte, d.h. die Skripte von Lernenden, bilden den Untersuchungsgegenstand des qualitativ angelegten Vorhabens. Den Schwerpunkt bei der Untersuchung der genannten Prozess- und Produktdaten bilden Typen des Erklärens (vgl. Klein 2009) und insbesondere Textprozeduren des Erklärens (vgl. u.a. Feilke/Rezat 2021), die von den Lernenden im Prozess des Skriptens angelegt und im Skript realisiert werden. Es geht also zum einen um die Analyse ausdrucksseitiger Umsetzungen zentraler Textprozeduren des Erklärens in multimodaler Form und das Verhältnis von Text und Bild in multimodalen Erklärungen Lernender. Zudem umfasst das Forschungsinteresse multimodale Erklärkompetenzen Lernender im Kontext der Produktion von Erklärvideos. Hierfür werden bspw. Vorstellungen in Bezug auf das Erklären in Erklärvideos und Intentionen in Bezug auf die Gestaltung multimodaler Erklärungen (vgl. Knopp/Schindler 2021) berücksichtigt.

Zur Beantwortung der Fragen werden Daten in einem situierten Schreibarrangement erhoben, in dem Lernende kooperativ Skripte für Erklärvideos zum Thema indirekte Redewidergabe verfassen und diese anschließend als Grundlage zur Produktion eigener Erklärvideos nutzen.

Literatur

Feilke, Helmuth/Rezat, Sara (2021): Erklärtexte lesen und schreiben. Basisartikel. In: Praxis Deutsch 285, S. 4-13.

Klein, Josef (2009): Erklären – was, Erklären – wie, Erklären – warum. Typologie und Komplexität zentraler Aspekte der Welterschließung. In: Vogt, Rüdiger (Hg.): Erklären. Gesprächsanalytische und fachdidaktische Perspektiven. 2. Aufl. Tübingen: Stauffenburg Verlag, S. 25-36.

Knopp, Matthias/Schindler, Kirsten (2021): Multimodales Erklären im Deutschunterricht. In: k:ON - Kölner Online Journal für Lehrer*innenbildung, Sonderausgabe 1, 2021, S. 51-79, DOI: https://doi.org/10.18716/ojs/kON/2021.s.4.

Kulgemeyer, Christoph (2020): Didaktische Kriterien für gute Erklärvideos. In: Dorgerloh, Stephan/Wolf, Karsten D. (Hg.): Lehren und Lernen mit Tutorials und Erklärvideos. Weinheim: Beltz, S. 70-75.

Morek, Miriam (2019): Erklären. In: Rothstein, Björn/Müller-Brauers, Claudia (Hg.): Kernbegriffe der Sprachdidaktik Deutsch. Ein Handbuch. 3. überarb. und erw. Auflage. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren (Handbücher für den Unterricht. Thema Sprache, 1), S. 70–72.