Die Präsidentin der Universität Paderborn, Prof. Dr. Birgitt Riegraf, überreichte dem 39-jährigen Theologen am 20. März die Ernennungsurkunde. Damit tritt Professor Grössl die Nachfolge von Professor Dr. Klaus von Stosch an, der an die Universität Bonn wechselte. Johannes Grössl vertrat die Professur mit kurzer Unterbrechung bereits seit 2021 und engagierte sich in vielfältiger Weise im Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften (ZeKK).
Johannes Grössl studierte Katholische Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität sowie Philosophie an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München. Das Studium der Theologie vertiefte er an der renommierten Harvard Divinity School, bevor er ein Promotionsstudium an der Universität Innsbruck aufnahm. Seine Promotion behandelte das Thema der Vereinbarkeit von göttlicher Allwissenheit und menschlicher Freiheit, das für gläubige Menschen vor allem im Rahmen der Vorsehungslehre und der Sinnhaftigkeit von Bittgebeten relevant ist. Betreut wurde diese Arbeit von Prof. Dr. Roman Siebenrock, Prof. Dr. Winfried Löffler und Prof. Dr. Armin Kreiner. Von 2014 bis 2018 war Grössl Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen, wo er als Post-Doc die Fachvertretung für Christliche Ethik übernahm; er begann dort sein Habilitationsprojekt, das er nach seinem Wechsel an die Universität Würzburg 2020 fertigstellte. Unter Betreuung von Prof. Dr. Matthias Reményi und Prof. Dr. Klaus von Stosch entstand die Habilitationsschrift, die unter dem Titel „In allem wie wir in Versuchung geführt“ – Theologische Modelle zum Verhältnis von göttlichem und menschlichem Willen in Christus im Herder-Verlag veröffentlicht wurde.
Weitere Forschungs- und Lehrtätigkeiten führten Grössl an die Universitäten München und Münster, die Akademie für Internationale Bildung in Bonn sowie an die Rutgers University in New Jersey, USA. Gemeinsam mit Professor Klaus von Stosch leitete er über mehrere Jahre ein interreligiöses Drittelmittelprojekt, welches das islamische und christliche Menschenbild im Hinblick auf Autonomie und die Möglichkeit moralischer Perfektionierung vergleichend untersuchte. Gemeinsam mit dem Praktischen Theologen Prof. Dr. Ulrich Riegel verantwortete er in den vergangenen Jahren ein von der DFG gefördertes Forschungsprojekt, in dem analytisch-theologische und laientheologische Argumentationsmuster im Rahmen einer empirischen und diskursanalytischen Studie untersucht wurden.
In der kommenden Zeit möchte sich Professor Grössl verstärkt den Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf das christliche Menschenbild und den theologischen Erkenntnisgewinn widmen. Grössl war bereits Mitherausgeber einer Sonderausgabe der Zeitschrift für Theologie und Philosophie zum Thema „Anthropologie der Digitalisierung“, verfasste einige Forschungsbeiträge zum Transhumanismus und organisierte gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Idris Nassery vom Paderborner Institut für Islamische Theologie eine interreligiöse Ringvorlesung zu diesem Thema. Grössl hielt im Februar 2025 einen Vortrag auf der Konferenz Sacred Cyborgs: Exploring the Intersection of Artificial Intelligence, Transhumanism and Religion an der Universität Innsbruck und wurde vom Institute for International Cooperation, Technological Diplomacy and Communication eingeladen, an einem Podium mit dem Titel „The Impact of Technology on the Interreligious Dialogue“ teilzunehmen. Im September 2025 wird er gemeinsam mit Professor Nassery am Expert:innenkolloquium „Minding the Gap“ – Religiöse Bildung angesichts Künstlicher Intelligenz teilnehmen und über „Künstliche Intelligenz als Mittel der Glaubensverkündigung und/oder Indoktrination: eine neue Herausforderung für die Theologie“ sprechen.
„Für interreligiöse Forschung ist Paderborn der ideale Forschungsstandort“, so Grössl. „Die Methode der Komparativen Theologie, die von hier ausgehend auch in Deutschland immer stärker etabliert wird, ermöglicht eine Balance zwischen konfessioneller Perspektive und religiösem Wahrheitsanspruch auf der einen Seite – und Toleranz, Offenheit und Lernbereitschaft gegenüber anderen religiösen Traditionen auf der anderen Seite.“ Gerade für die Ausbildung von Lehrkräften sei interreligiöse, philosophische und ethische Kompetenz heute unersetzlich. Grössl: „Ich freue mich darauf, hier in Paderborn zu forschen, zu lehren und dank der im ZeKK bereits etablierten Strukturen in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken.“