Lehr- und Forschungsschwerpunkt: Sprachliche Aspekte des Lernens im Fachunterricht

Lehrprojekt „Sprachsensibler Mathematikunterricht“ (Sommersemester 2018)

Fakultätsübergreifendes Seminar der Sprach- und Mathematikdidaktik, Prof. Dr. Sara Rezat/Prof. Dr. Sebastian Rezat

Alle schulischen Lernprozesse basieren auf sprachlicher Vermittlung, daher spielen sprachliche Kompetenzen nicht nur im Deutschunterricht, sondern auch im Mathematikunterricht eine wesentliche Rolle. Der Erwerb mathematischer Kompetenzen ist eng mit der Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten verknüpft und die Förderung mathematischer Kompetenzen ist ohne eine sprachliche Vermittlung undenkbar.  
Für den Mathematikunterricht bedeutet dies, dass (bildungs-)sprachliche Fähigkeiten gezielt in einem sprachsensiblen Unterricht angebahnt und vertieft werden müssen. 

Welche Rolle spielt Sprache für das Lösen von Aufgaben im Mathematikunterricht? Was sind z.B. sprachliche Hürden für SchülerInnen, wenn Sie Textaufgaben lösen? Inwiefern hängen sprachliche Fähigkeiten mit der Fähigkeit zusammen, mathematische Aufgaben zu lösen? Wie können SchülerInnen beim Lernen von Mathematik in sprachlicher Hinsicht unterstützt werden?

Diese Fragen stehen im Zentrum des fakultätsübergreifenden sprach- und mathematikdidaktischen Seminars. Die Studierenden arbeiten in Kleinprojekten an den oben genannten Fragestellungen, indem Sie beobachten und filmen, wie Schülerinnen und Schüler ausgewählte Mathematikaufgaben lösen. Aufbauend auf den Scaffolding-Ansatz nach Gibbons wird im ersten Schritt eine Diagnose des Ist-Standes vorgenommen und geklärt, über welche sprachlichen Kompetenzen der Schüler/die Schülerin verfügt und welche bildungssprachlichen Anforderungen die ausgewählte Lernaufgabe stellt. Im darauf aufbauenden Schritt werden gezielt Fördermöglichkeiten abgeleitet und danach gefragt, wie ein geeigneter situierter Lernkontext geschaffen werden kann bzw. wie der Lernkontext im Sinne eines sprachsensiblen Unterrichts durch entsprechende Scaffoldingmaßnahmen modifiziert werden kann. 

 

Sprachsensibler Umgang mit Genres im Mathematikunterricht 

Arbeiten zu sprachlichen Aspekten des Mathematiklernens fokussieren bislang im Wesentlichen die Wort- und Satzebene. Über sprachliche Aspekte des Mathematiklernens auf der Textebene gibt es bislang wenig gesicherte Erkenntnisse.

Das Projekt beschäftigt sich mit sprachlichen Aspekten des Mathematiklernens auf der Textebene. Im Zentrum stehen dabei die Fragen, wodurch mathematische Texte im Sinne der Genre-Pädagogik gekennzeichnet sind und inwiefern mathematische Texte überhaupt spezifische Textmuster/Genres sind. Erkenntnisse zu diesen Fragen sind Voraussetzung für eine Auseinandersetzung mit mathematischen Textmustern/Genres innerhalb der Fachdidaktik und des Fachunterrichts und wesentlich für die Frage, was sprachsensibler Mathematikunterricht in Bezug auf die Textebene bedeutet. 

Das Projekt ist ein 2014 initiiertes Vorhaben gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Rezat (Universität Paderborn), in dem sowohl aus Lehrerperspektive als auch aus Schülerperspektive der Umgang mit mathematischen Textsorten (u.a. Sachaufgaben, Konstruktionsbeschreibungen, vgl. Rezat/Rezat 2012; Rezat/Rezat/Janzen 2016; Rezat/Rezat, 2017) qualitativ untersucht wird. 

  

„Effects on the demand of reading ability when translating mathematical tasks between different languages“ (Laufzeit: 01/01/2014 - 12/31/2016)

In dem Projekt „Effects on the demand of reading ability when translating mathematical tasks between different languages“ (Umeå University, Department of Science and Mathematics Education) werden PISA-Aufgaben aus dem Bereich Mathematik sprachvergleichend untersucht. Inhaltlich sind PISA-Aufgaben für alle Länder identisch, die Übersetzung der Aufgaben in die Einzelsprachen erfolgt nach einem normierten Vorgehen. Nichtsdestotrotz wirkt sich die jeweilige Sprache unterschiedlich auf die Anforderungen im Bereich der Lesefähigkeit aus. Im Projekt wird der Frage nachgegangen, welche Gründe es für unterschiedliche Anforderungen der Lesefähigkeit gibt und inwiefern diese unterschiedlichen Anforderungen tatsächlich sprachspezifisch sind.

Die Arbeitsgruppe besteht aus Dr. Ewa Bergqvist (Head of research); Dr. Magnus Österholm; Dr. Cris Edmonds-Wathen; Frithjof Theens; Moa Eirell; Annika Manni; Debbie Michels (Umeå University); Prof. Dr. Caroline Liberg (Uppsala); Prof. Dr. Candia Morgan (London), Prof. Dr. Sara Rezat, Prof. Dr. Sebastian Rezat (Paderborn). In diesem Projekt arbeite ich beratend als Expertin für den Bereich der deutschsprachigen PISA-Aufgaben in dem Projekt.

Link zum Projekt: https://www.umu.se/en/research/projects/effects-on-the-demand-of-reading-ability-when-translating-mathematical-tasks-between-different-languages-/

Rezat, Sara/Sebastian Rezat (2019): „...weil man Fermi-Aufgaben so rechnet“. Modelltexte als sprachliche Ressource für das Erklären von Lösungswegen bei Fermi-Aufgaben. In: Mathematik differenziert 3/2019, S. 30–37.

Rezat, Sebastian/Rezat, Sara (2017): Subject specific genres and genre awareness in integrated mathematics and language teaching. In: EURASIA Journal of Mathematics, Science & Technology Education 13 (7b), 4157–4188. DOI: doi.org/10.12973/eurasia.2017.00805a

Rezat, Sebastian/Rezat, Sara/Janzen, Sabrina (2015): Sprachsensibler Umgang mit Textmustern im Mathematikunterricht am Beispiel von Konstruktionsbeschreibungen. In: Caluori, F./Linneweber-Lammerskitten, H./Streit, Chr. (Hrsg.): Beiträge zum Mathematikunterricht 2015. Vorträge auf der 49. Tagung für Didaktik der Mathematik vom 09.02.2015 bis 13.02.2015 in Basel. Band 2. Münster: WTM, S. 736–739.

Rezat, Sara/Rezat, Sebastian (2012): Mathematische Sachaufgaben verstehen und erklären. In: Praxis Deutsch 233, S. 36–41.

Rezat, Sara (2010): Argumentations- und Kommunikationskompetenz. Fächerübergreifende Förderung in der Grundschule. In: Grundschulunterricht Mathematik 2 , S. 14–17.