Welche Rolle spielen Fachkulturen heute? Bericht von einer Erkundungsstudie
von Ingrid Scharlau & Ludwig Huber
Ziel der Untersuchung ist zu erkunden, ob sich heute an Universitäten noch von distinkten Fachkulturen sprechen lässt und eine größere Erhebung dazu aussichtsreich wäre. Dazu wurden 16 Leitfadeninterviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Fächern geführt und qualitativ ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass Fachkulturen in einem engeren epistemologischen Sinne (Erkenntnis- und Arbeitsformen sowie Organisation des Lernens und der Lehre) im Bewusstsein der Personen präsent und für sie wichtig sind, fachkulturelle Merkmale im weiteren, Lebensstile und Habitus umfassenden Sinne hingegen nicht als charakteristisch oder bedeutsam erfahren und auch selten berichtet werden. Fragen der sozialen Selektivität oder Ungleichheit der Universität werden kaum thematisiert. Zudem werden die jeweils eigenen Fachkulturen als in sich heterogen geschildert; für die anderen Fachkulturen gilt das nicht. In den Interviews zeigt sich ein sehr vorsichtiger, zurückhaltender und respektvoller Umgang mit fachkulturellen Differenzen. Auch dort, wo sie beobachtet werden und Distinktionen unterschiedliche Werte offenlegen, ist von Streit oder Auseinandersetzung wenig zu spüren. Die Folgen dieser Befunde für Forschung und Hochschuldidaktik werden diskutiert.
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