Hochschuldialog Libanon
Das Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften (ZeKK) baut seit 2011 eine Partnerschaft zur Universität St. Joseph (USJ) in Beirut, Libanon auf. Die USJ ist eine der ältesten Universitäten im Libanon. Die dortige Fakultät für Religionswissenschaften ist ein Zusammenschluss aus drei Instituten (Higher Institute for Religious Sciences, Center for Arab Christian Documentation and Research, Institute for Islamo-Christian Studies), an denen sowohl christliche als auch muslimische Theologinnen und Theologen, Religionswissenschaftlerinnen und Religionswissenschaftler zusammenarbeiten. Das Interesse am Hochschuldialog besteht vor allem darin, mit Studierenden und Lehrenden des von vielfältigen christlichen und muslimischen Denominationen geprägten Landes ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen. Das Projekt bietet den Teilnehmenden aus beiden Ländern eine einzigartige Chance zu authentischen Begegnungen und ermöglicht ihnen, die Kultur und Religion des Anderen kennenzulernen. Die Durchführung des Projekts findet in Kooperation mit der Universität Münster statt.
Programm für den Hochschuldialog im Jahr 2013
Für die Bevölkerungsstruktur des Libanon ist eine Vielzahl an christlichen und muslimischen Denominationen bezeichnend. Dem orientalischen Christentum kommt aufgrund seiner historischen Beheimatung im Nahen Osten sowie der jahrhundertelangen Nachbarschaft zur muslimischen Bevölkerung eine besondere Rolle im interreligiösen Dialog zu, was leider in der öffentlichen Diskussion wenig präsent ist. Für die Frage der zunehmenden Entwicklung Deutschlands zu einer multikulturellen Gesellschaft ist das Kennenlernen der libanesischen Gesellschaft vielversprechend und für den interreligiösen Dialog geradezu unverzichtbar. Der Hochschuldialog im Jahr 2013 steht daher unter dem Thema „Hermeneutische Konzepte für den Dialog der Religionen und Denominationen“. Während der je zweiwöchigen Begegnungsreisen sind Vorlesungen und Workshops an den Partnerhochschulen geplant, die von christlichen und islamischen Dozentinnen und Dozenten aus beiden Ländern im Co-Teaching gestaltet werden. Auf dem Programm stehen außerdem Gespräche mit wichtigen Repräsentanten der verschiedenen Religionsgruppen, der Besuch von historisch und kulturell bedeutsamen Stätten und Institutionen sowie Ausflügen in je andere Teile der Länder.
Programm
Zur Einführung in den Hochschuldialog findet im Wintersemester 2012/13 das Seminar „Interkulturelle und interreligiöse Kompetenz“ statt. Der Seminarbesuch ist für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer obligatorisch. Dozentinnen sind Sandra Lenke und Daria Schnipkoweit.
Termine:
Einführung
Mi 17.10.2012, 14-17 Uhr
Symposion
Fr 26.10.2012, 18-20 Uhr
Sa 27.10.2012, 9-12 Uhr
Blockseminar
Fr 23.11.2012, 17-21 Uhr
Sa 24.11.2012, 9-17 Uhr
Reiseorganisation
Mi 16.01.2013, 14-17 Uhr
Der Raum wird noch bekanntgegeben.
Empfohlene Literatur zur Vorbereitung
Gerhard Maletzke, Interkulturelle Kommunikation. Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen, Opladen 1996. Samir Khalil Samir/Michaela Koller, Muslime und Christen. Geschichte und Perspektiven einer Nachbarschaft, Augsburg 2011.
Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie bei PAUL.
Vom 17. März bis zum 01. April 2013 reisten 14 Studierende und Doktoranden mit Prof. Dr. Nicole Priesching und Prof. Dr. Klaus von Stosch, beide Lehrende des Instituts für Katholische Theologie der Uni Paderborn, sowie Tuba Işik, islamische Religionspädagogin an der Uni Paderborn, nach Beirut. Die Studienreise fand organisiert durch Sandra Lenke und Daria Schnipkoweit im Rahmen des vom DAAD geförderten Projekts Hochschuldialog mit der islamischen Welt statt. In Vorträgen und Gruppenarbeiten setzten sich libanesische und deutsche Studierende und Lehrende mit theologischen Fragestellungen auseinander und debattierten sie rege. Im Zentrum dieser Fragestellungen standen dabei hermeneutische Zugänge sowohl zum interreligiösen Dialog, aber auch in Bezug auf den Umgang mit den Heiligen Schriften und der Offenbarung.
Als besonders spannend stellte sich die Gruppenzusammenstellung heraus, da sowohl die deutsche als auch die libanesische Gruppe aus christlichen und muslimischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verschiedenster Denominationen bestand. Dies führte einerseits zu einer Begegnung zwischen Christentum und Islam und andererseits zwischen Orient und Okzident, was sich besonders deutlich auch im inner-christlichen Gespräch zeigte. Gerade das vielfältige orientalische Christentum, das uns dort begegnete, eröffnete eine ganz neue Perspektive darauf, was es heißen kann katholisch, orthodox, protestantisch zu sein im Libanon. Als besonders bereichernd konnte auch der große Erfahrungsschatz der Libanesen im alltäglichen Zusammenleben von Muslimen und Christen erfahren werden. Durch die Erfahrung des libanesischen Bürgerkrieges (1975-1990), in dem Christen und Muslime gegeneinander kämpften, hat der Dialog heute eine essentielle Bedeutung für das alltägliche Leben und erfährt im Vergleich zu anderen Ländern eine immense Aufmerksamkeit. Eine Lebenssituation von der Studierende und Lehrende bewegt und beeindruckt waren und sind.
Aber nicht nur in religiöser Hinsicht traf die deutsche Gruppe auf große Vielfalt. In Exkursionen in und um Beirut herum begegneten wir einer Landschaft voller Kontraste mit schneebedeckten Bergen, tiefen grünen Tälern und Strandpromenaden am Meer, einem Stadtbild mit modernen Hochhäusern und den auch in Europa bekannten Bekleidungs-, und Kaffeehausketten neben traditionellem Suq und sich erst im (Wieder-)aufbau befindenden Häusern.
Insgesamt war es für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein intensiver Einblick in das Leben und Denken unserer dort gewonnen libanesischen Freundinnen und Freunde. Wir freuen uns auf das Wiedersehen im September diesen Jahres bei ihrem Gegenbesuch in Deutschland.
Wie können wir den interreligiösen Dialog sinnvoll und fruchtbar führen? Wie mit Unterschieden und Grenzen des Dialogs umgehen? Wie kann interreligiöser Dialog zum Frieden zwischen den Religionen beitragen? Solche und ähnliche Fragen standen in den zwei Wochen des interreligiösen Diskutierens und Erlebens im Rahmen der libanesisch-deutschen Begegnung des vom DAAD geförderten Projekts „Hochschuldialog mit der islamischen Welt“ immer wieder im Fokus. Libanesische Studierende und Lehrende von der Université Saint-Joseph in Beirut sowie deutsche Studierende und Lehrende der Universität Paderborn und auch drei Studierende aus Qom im Iran nahmen an der Begegnung teil.
Sandra Lenke und Daria Schnipkoweit, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am ZeKK, hatten gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus von Stosch zunächst eine fünftägige Konferenz zum Thema „Hermeneutical Levels of Muslim-Christian Dialogue“ an der Universität Paderborn organisiert. Dabei fanden verschiedene Ebenen des interreligiösen Dialogs Beachtung: Mit wissenschaftlichen Vorträgen aus christlich und islamisch theologischer Perspektive wurde die Methode der Komparativen Theologie gemeinsam erprobt sowie in Workshops die Erfahrungen praktisch gelebter Religion geteilt.
Gerade die große religiöse und kulturelle Heterogenität der Gruppe zeigte sich als besonders fruchtbar. Schiitische Libanesen und Iraner, sunnitische Deutsche und Libanesen, libanesische Drusen und Maroniten, orthodoxe, katholische und evangelische Deutsche und Libanesen,… eine vielfältige Gruppe, die sich im gemeinsamen Interesse für den anderen und seine Perspektive auf theologische Fragestellungen traf. So standen auch systematisch-theologische, ethische und kirchengeschichtliche Fragen u. a. nach Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im Diesseits und Jenseits und deren Implikationen für den Menschen zur Debatte.
Aber auch das praktische Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit in Deutschland war Thema der Begegnung. Sowohl im wissenschaftlich-theoretischen Diskurs als auch im Zuge von gemeinsamen Besuchen verschiedener Religionsgemeinschaften in Paderborn, Köln und Berlin wurden Möglichkeiten aber auch Schwierigkeiten des Zusammenlebens diskutiert. Gerade auch die Beziehung von Staat und Religion stellte sich dabei immer wieder als eine zentrale Fragestellung heraus. Neben diesen Begegnungen bestand das Programm, das vom 2. bis 6.9. in Berlin stattfand, aus vielfältigen gemeinsamen Erlebnissen mit Empfang im Bundestag, Besichtigung von Sehenswürdigkeiten und Museen wie dem Pergamonmuseum und dem Jüdischen Museum.
Neben dem intensiven theologischen Austausch sind in diesen zwei Wochen auch persönliche Beziehungen entstanden, die auf dem Weg zu einem friedvollerem Zusammenleben zwischen den Menschen verschiedener Religionszugehörigkeiten und dem größeren Verständnis füreinander sicher nur ein erster Schritt sein können, aber doch in eine positive Zukunft weisen – „Insh’Allah“!
Finanzierung
Die Deckung der Reise- und Übernachtungskosten übernimmt der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zahlen einen geringen Eigenbeitrag für das gesamte Programm.