DFG For­schungs­pro­jekt "stu­dio­lo com­mu­nis"

Die Renaissance der Renaissance

In der Renaissance entstand ein spezieller Raumtyp, Studiolo genannt, der mit Kunstwerken, Studienobjekten, Büchern und Portraits großer Männer ausgestattet war. Es war ein Ort des Sammelns, Studierens und der Besinnung, vergleichbar mit dem Laboratorium in den Naturwissenschaften und eng mit dem humanistischen Ideal des Gelehrten verknüpft.

Heute findet Forschung in anderen Räumen und mit anderen Mitteln statt. Mittlerweile prägen vernetzte Computer den Arbeitsplatz des Wissenschaftlers. Die Studienobjekte sind digitalisiert und verteilt auf Festplatten, in Datenbanken und im Internet abgelegt und können über unterschiedliche Programme genutzt werden. „Mit einem DFG-Projekt, an dem Kulturwissenschaftler, Informatiker und das Zentrum für Informations- und Medientechnologien beteiligt sind, stellt die Universität Paderborn wieder einmal ihre interdisziplinäre Ausrichtung unter Beweis", betonte Präsident Prof. Dr. Nikolaus Risch in seiner Ansprache zur Auftaktveranstaltung am 9. Juli 2010. Er verwies zugleich darauf, dass „eScience, d. h. der Einsatz elektronischer Medien im Forschungsbetrieb, an der Universität der Informationsgesellschaft eine bedeutsame Rolle spielt."

In der im Projekt aufzubauenden virtuellen Forschungsumgebung können unterschiedlichste Forschungsobjekte aus verteilten Archiven arrangiert, kommentiert und miteinander verknüpft werden, um speziell im Bereich der Kunst- und Architekturgeschichte das Arbeiten mit Bildern, vermehrt aber auch mit Audio- und Videodateien zu unterstützen. „Obwohl wir bereits umfangreiche technische Systeme einsetzen und beispielsweise das Paderborner Bildarchiv aufgebaut haben, ist vieles, was wir uns von der neuen Forschungsumgebung versprechen, bislang noch nicht oder nur sehr umständlich möglich", erläuterte Frau Prof. Dr. Eva-Maria Seng, die mit ihrem UNESCO Kompetenzzentrum „Materielles und Immaterielles Kulturerbe" Impulsgeberin und Pilotanwenderin der Forschungsumgebung ist.

Ziel ist die Entwicklung eines virtuellen Wissensraumes, der eine simultane vergleichende Bearbeitung unterschiedlicher Materialien ermöglicht. Auf der virtuellen Plattform soll die Anordnung verschiedener Medienobjekte wie Text, Bild, Ton- und Filmaufnahmen, ihre Verknüpfung, ihr Vergleich sowie ihre Bewertung und Kommentierung ermöglicht werden. Damit folgt das Projekt nicht zuletzt dem Grundprinzip der vergleichenden Kunstbetrachtung, welche bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Aby Warburg begründet wurde, und überträgt dieses in die neuen Medientechnologien.

„Die Forschungsumgebung", so Prof. Reinhard Keil vom Heinz Nixdorf Institut, „soll nicht nur Arbeitsplatz sein, sondern auch die Kooperation zwischen Wissenschaftlern fördern. Dazu haben wir an der Universität Paderborn mit unserem Konzept der kooperativen Wissensräume eine tragfähige Basis entwickelt, die im Bereich eLearning bereits erfolgreich im Einsatz ist." Seiner Arbeitsgruppe obliegt zusammen mit dem Zentrum für Informations- und Medientechnologien (IMT) die technische Entwicklung.

„Wir freuen uns, dass unsere Maßnahmen zur technischen Unterstützung der wissenschaftlichen Arbeit aus den bundesweit fast 100 Projektanträgen ausgewählt wurden", bemerkte dazu Frau Dr. Gudrun Oevel, Leiterin des IMT, „denn schließlich geht es nicht nur um die Realisierung neuartiger Ideen, sondern darüber hinaus auch darum, den Betrieb der Forschungsumgebung und die Integration in die technische Infrastruktur abzusichern."

Durch die Entwicklung der virtuellen Arbeitsumgebung wird der wissenschaftliche Austausch nicht mehr an die geografische Nähe der Forschenden oder den Transfer großer Datenmengen mit Hilfe mobiler Speichermedien gebunden sein. Somit eröffnet das Projekt neue Perspektiven für die enge Kooperation von Wissenschaftlern untereinander und der Einbeziehung einschlägiger Fachverbände und regionaler Organisationen bei der Sammlung und Erforschung sowie der Präsentation von Ergebnissen für eine breite Öffentlichkeit.

Zwei Jahre haben die beteiligten Wissenschaftler nun Zeit, ihre Projektideen umzusetzen. Dann soll nicht nur das UNESCO Kompetenzzentrum durch eine neue Forschungsumgebung unterstützt werden, sondern auch eine Übertragung auf andere Fächer stattfinden. Die Beteiligten hoffen, dass der „Aufbau einer ko-aktiven Arbeitsumgebung für den erweiterten Forschungsdiskurs in der Kunst- und Architekturgeschichte", so der Langtitel des Projekts, auf diese Weise selbst Geschichte schreiben wird, wenn auch im kleinen Maßstab.

Unter der Projektbezeichnung „studiolo communis" erhält ein interdisziplinäres Forscherteam an der Universität Paderborn über einen Zeitraum von 2 Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 378.000 Euro, um Forschungsarbeiten zum Erhalt des kulturellen Erbes mit digitalen Techniken zu unterstützen.

Lei­tung

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Prof. Dr. Prof. h.c. mult. (HAUST, LIT) Eva- Maria Seng

Materielles und Immaterielles Kulturerbe

Inhaberin des Lehrstuhls für Materielles und Immaterielles Kulturerbe und federführende Vertrauensdozentin der Studienstiftung des deutschen Volkes

E-Mail schreiben +49 5251 60-5488
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Prof. Dr.-Ing. Reinhard Keil

Kontextuelle Informatik (bis 2019) / Heinz Nixdorf Institut

E-Mail schreiben +49 5251 60-6411

Mit­a­r­bei­ter

Dr. rer. nat. Andreas Oberhoff

Kontextuelle Informatik (bis 2019) / Heinz Nixdorf Institut

E-Mail schreiben +49 5251 60-6514