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Aus­zeich­nungs­ver­an­stal­tung: Landesin­vent­ar Im­ma­ter­i­elles Kul­turerbe NRW 2024

Düsseldorf, Haus der Stiftungen in NRW, Johannes-Rau-Saal

In der sechsten Bewerbungsrunde 2023 wurden die drei Kulturformen „Analoge Fotografie“, „Rotwelsch-Dialekte“ und die „Ruhrfestspiele Recklinghausen“ von einer unabhängigen Jury für die Einschreibung in das Landesinventar Immaterielles Kulturerbe NRW ausgewählt und von der Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW, Ina Brandes, bestätigt. Das Landesinventar verfügt damit über 19 Eintragungen. Die Auszeichnungsveranstaltung für die drei Neuzugänge fand am 13.11.2024 im Haus der Stiftungen in Düsseldorf statt. Anwesend waren Vertreter des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, der Wissenschaft sowie der Trägergruppen der Kulturformen. Die Landesstelle Immaterielles Kulturerbe NRW an der Universität Paderborn war im Auftrag des Ministeriums mit der Koordination des Bewerbungsverfahrens und mit der Beratung der Trägergruppen betraut gewesen.

Die Teilnehmenden wurden von Ralf Brachtendorf, im Namen des Ministeriums und von Stefan Ast, Geschäftsführer der gastgebenden NRW-Stiftung, begrüßt. In seiner Rede bedankte sich Brachtendorf bei den Trägergruppen für ihr wichtiges Engagement sowie bei der NRW-Stiftung und der Landesstelle. Die drei Kulturformen wurden jeweils von einem Laudator sowie von Vertretern der Trägergruppe vorgestellt und gewürdigt. Es folgte die Verlesung der Einschreibungsurkunde, die von Seiten des Ministeriums zusammen mit einer Glastrophäe an die Vertreter der Trägergruppen überreicht wurde.

Laudator für die Ruhrfestspiele Recklinghausen war Claas Friedrich Germelmann von der Leibnitz Universität Hannover. Er verwies auf die starke regionale Verankerung der Festspiele. Diese würde durch das vorbildliche Leben von Werten wie Offenheit, Solidarität und Toleranz ermöglichte, durch die stetige Fortentwicklung und die Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Kunstformen. Christoph Tesche, Bürgermeister der Stadt Recklinghausen, und Stefan Kötzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund erinnerten an die historischen Wurzeln der Festspiele. Kötzell betonte die Einzigartigkeit der Zusammenarbeit von Stadt und Gewerkschaft, die auch über einen Bildungsauftrag verfüge, sowie auf die Wichtigkeit von Solidarität als einem gesellschaftlichen Wert.

Die Laudatio auf die Rotwelsch-Dialekte wurde von Jonas Leineweber von der Landesstelle Immaterielles Kulturerbe NRW der Universität Paderborn gehalten. Diese seien im 18. Jh. als Geheimsprache marginalisierter Gruppen entstanden, vereinten Elemente aus verschiedenen Spendersprachen und würden heute in kleinräumigen Gebieten als Ausdruck einer lokalen und regionalen Besonderheit wertgeschätzt sowie im Kontext von Bräuchen und Festen weitergegeben. Laut Klaus Siewert von der Internationalen Gesellschaft für Sondersprachenforschung hätten die Rotwelsch-Dialekte ihre ursprüngliche Funktion als Geheimsprache verloren. Als kulturelles Erbe stünden sie nun im Spannungsfeld zwischen einer schweren sozialen Vergangenheit und einem heutigen spaßhaften Umgang.

In seiner Laudatio für die Analoge Fotografie betonte Wolfgang Baumgart von der Universität Bielefeld ihre Bedeutung nicht nur als Mittel der Dokumentation, sondern auch als eine eigenständige Kunstgattung mit einer spezifischen Ästhetik, die sich heute einer Renaissance erfreue. Ein wichtiges Moment der Tradierung sei die Weitergabe von technischem Können, vergleichbar anderen Kunstformen wie der Freskomalerei. Dies sei auch wichtig für die Bewahrung und Restaurierung von historischen Fotokonvoluten. Klaus Pollmeier vom Deutscher Fotorat präsentierte Überlegungen zur anhaltenden Popularität der analogen Fotografie. Diese sei kein Ausdruck von Nostalgie, sondern von einem Interesse am Prozess der Bildentstehung und einer Faszination der Imperfektion. 

Die Veranstaltung wurde von Ralf Brachtendorf und Jonas Leineweber moderiert sowie künstlerisch durch zwei Darbietungen des Jongleurs und Objektmanipulators Benjamin Richter gerahmt. Im Anschluss an die drei Auszeichnungen wurde das langjährige Jury-Mitglied Ulrich Borsdorf, ehemals Direktor Ruhr Museums in Essen, feierlich verabschiedet. Ein abschließender Mittagsempfang diente dem freundschaftlichen Austausch der Teilnehmenden.

Bericht: Paul Duschner und Pauline Wichmann

Gruppenfoto mit den Vertreterinnen und Vertretern der ausgezeichneten Kulturformen, den Laudatoren aus der Landesjury sowie den Vertretern aus dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, der Landesstelle Immaterielles Kulturerbe und der NRW-Stiftung (Foto: Judith Büthe)