Allgemeines
Populäre Musik und Medien haben die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt. Eine entsprechende wissenschaftliche Reflexion wurde im deutschsprachigen Raum allerdings lange Zeit vernachlässigt. Während es international bereits seit einiger Zeit übergreifende Studiengänge zum Themenfeld Populäre Musik und Medien gibt, hat in Deutschland eine derartige Institutionalisierung der Popularmusikforschung gerade erst begonnen. Tatsächlich gibt es immer noch wenige Studienprogramme, in denen eine übergreifende und systematische Auseinandersetzung mit dem Phänomenbereich stattfindet. Entweder man studiert Musik oder Medien – und dann studiert man lange noch nicht Pop. Der bundesweit bislang einmalige Bachelor- und Masterstudiengang „Populäre Musik und Medien“ bildet eine Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Reflexion und beruflicher Praxis. Durch den Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen auf der einen und das Sammeln musik- und medienpraktischer Erfahrungen auf der anderen Seite sollen die Studierenden Gelegenheit haben, sich zu reflektierten Praktikern und praxiserfahrenen Theoretikern zu bilden.
Im 21. Jahrhundert geschieht das Hören von Musik in den allermeisten Fällen medienvermittelt. Selbst bei der Nutzung nicht musikspezifischer Medienangebote aus Film, Fernsehen oder Internet ist es inzwischen eher unwahrscheinlich, dass man dabei nicht zugleich Musik zu hören bekommt. Der Zusammenhang zwischen Populärer Musik und Medien ist allerdings nicht nur ein äußerlicher. Im Verbund mit grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzungen setzten im 19. Jahrhundert Prozesse der Technisierung und Ökonomisierung der (Musik-)Kultur ein. In der Folge entwickelte sich erstmals eine Massenunterhaltungskultur. Neben sozialen und politischen Änderungen spielten dabei technische Entwicklungen eine herausragende Rolle, insofern diese die Entstehung der Massenmedien möglich machten und damit auch die massenhafte Verbreitung und kommerzielle Verwertung von Musik. Ganz zentral zu nennen sind dabei u.a. Verfahren des Massendrucks, der Klangspeicherung und -wiedergabe, aber auch die Funktechnik, die Fotografie und der Film sowie der gesamte Bereich der Computertechnologien.
Die Wirkungen der Massenmedien auf die Musikkultur waren vielseitig und tiefgreifend. Erstens waren viele musikalische Innovationen des 20. Jahrhunderts überhaupt nur möglich durch das Vorhandensein neuer Technologien – so z.B. das Crooning, Overdub-Verfahren, Remixing oder Scratching. Zweitens wurde und wird Musik oftmals im Hinblick auf die Bedingungen ihrer medialen Vermittlung und auf ihre spätere Verwertung hin konzipiert. So etwa wenn bereits im 19. Jahrhundert Operetten gezielt so komponiert wurden, dass sich einzelne Stücke leicht herauslösen ließen, um sie zusätzlich auf dem Notenmarkt verwerten zu können, oder wenn viele Jahre später die Markteinführung des Long Player und die damit verbundene längere Spieldauer die Entwicklung von Konzeptalben anregte. Drittens wurden die Unterhaltungsangebote in Film, Radio und Fernsehen von Anbeginn an wie selbstverständlich musikalisch verstärkt, was zur Entwicklung spezifischer musikalischer Formensprachen und Gestaltungskonventionen führte.
Die Auswirkungen der Technisierung und Ökonomisierung der Musikkultur schlugen sich aber nicht nur hörbar in der Musik selbst nieder. Musikalische Praxis wurde insgesamt technologisch durchdrungen. Kaum ein Live-Konzert kommt heute noch ohne technische Unterstützung aus und jede noch so unbekannte Hinterhof-Band ist inzwischen durch benutzerfreundliche und preisgünstige Technik imstande, eigene Aufnahmen herzustellen. Noch breitflächiger wirkt die Technisierung der Musikkultur im Bereich der Musikrezeption. Das Hören aufgezeichneter Musik macht heute den überwiegenden Teil der Musikrezeption aus, während die ersten Musikwiedergabegeräte im ausgehenden 19. Jahrhundert aufgrund ihres sperrigen Formats, schlechter Klangqualität und horrender Preise allenfalls als Jahrmarktattraktionen oder als Prestigeobjekte betuchter Technikbegeisterter dienen konnten. Zeitgenossen des ausgehenden 19. Jahrhunderts beobachteten mit Staunen, wie sich die Musik durch die Aufnahme- und Wiedergabetechnik erstmals vom Moment ihrer Entstehung loslöste. In den Jahren vor und nach der Jahrtausendwende konnte im Zuge der Digitalisierung eine weitere Loslösung beobachtet werden, nämlich die der bloßen Klanginformation vom materialen Tonträger. Kompressionsverfahren, erhöhte Speicherkapazitäten und Rechenleistungen sowie die immer besser werdende Infrastruktur des Internet machen es möglich, dass Menschen heute auf kleinsten Datenträgern riesige Musikbibliotheken mit sich führen und von nahezu überall aus auf die schier unendlichen Musikarchive im Netz zugreifen können.
Dadurch bedingt, aber auch durch die Allgegenwart der uns umgebenden musikalisierten Medien, dringt Musik heute in alle Nischen unseres Alltages. Das Erklingen eines Live-Rockkonzertes im Autoradio, einer Sinfonie im Wohnzimmer, eines Disco-Remixes auf der privaten Grillfeier oder eines Jazzpianos im Schlafzimmer: Hörsituationen, die vor einem Jahrhundert noch undenkbar waren, sind heute alltäglich und sorgen kaum noch für Irritation. Dabei macht es selbstredend einen Unterschied, ob man der Orgel vom heimischen Sofa oder von der Kirchenbank aus lauscht oder ob man den neuesten Dance-Track im Club, beim Joggen oder gar im Vorlesungssaal anhört. Je nach medialem und räumlichem Kontext des Musikhörens vermag sich die Bedeutung der Musik zu ändern. Populäre Musik und Medien waren und sind also vielfältig und tiefgreifend miteinander verwoben – somit kann ein wirkliches Begreifen der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutungen Populärer Musiken nur dann gelingen, wenn eben diese medialen Kontexte stets mit in den Blick genommen werden.
Eine wissenschaftliche Erforschung dieser und ähnlicher populärkultureller Zusammenhänge wurde im deutschsprachigen Raum allerdings lange Zeit vernachlässigt. Abgesehen von einigen wenigen Wissenschaftlern, die sich seit vielen Jahren um eine umfassende Erforschung des beschriebenen Zusammenhangs bemühen, fristete die deutsche Popularmusikforschung lange ein eher stiefmütterliches Dasein. Während es international bereits seit einiger Zeit übergreifende Forschungen und sogar Studiengänge zum Themenfeld Populäre Musik und Medien gibt, hat in Deutschland eine derartige Institutionalisierung der Popularmusikforschung gerade erst begonnen. Tatsächlich sind hierzulande Studienprogramme immer noch eine Ausnahme, in denen Popularmusik fester Studieninhalt ist und eine übergreifende und systematische Auseinandersetzung mit dem Phänomenbereich stattfindet.
Eine Ausnahme von dieser Regel bildet der Studiengang "Populäre Musik und Medien" an der Universität Paderborn. Ganz im oben erläuterten Sinne sind sowohl das Bachelor- als auch das Masterstudienprogramm derart konzipiert, dass die Studierenden hier Gelegenheit erhalten, den beschriebenen Phänomenbereich umfassend, d.h. aus verschiedenen disziplinären Perspektiven heraus, in den Blick zu nehmen und zu begreifen – kurz: zu studieren. Die Universität verfolgt damit zum einen das Ziel, eine adäquate Erforschung des Themenbereichs vorzubereiten und zu forcieren. Zum anderen sollen die Studierenden sich durch das Studium für ein Berufsleben in der Musik- und Medienbranche rüsten und zugleich die besonderen sozialen, medialen und kulturellen Dimensionen populärer Musikkulturen kennenlernen. Eine Kombination aus kulturwissenschaftlichen, medienpraktischen und betriebswirtschaftlichen Studienanteilen soll AbsolventInnen der Studienprogramme dazu befähigen, in Berufsfeldern der Popmusik- und Medienkultur wirtschaftlich erfolgreich und kulturell verantwortungsvoll zu handeln.
Die Idee zur Einrichtung eines solchen Studienganges wurde von Mitarbeitern des Fachs Musik der Universität Paderborn und des Musikwissenschaftlichen Seminars Detmold/Paderborn entwickelt. Erstmals angeboten wurde der disziplinenübergreifende Studiengang zum Wintersemester 2002/2003. Dabei wurden die Studienprogramme von Beginn an als Kooperationsprojekt zwischen verschiedenen Fachbereichen konzipiert, um die als für den Themenzusammenhang wichtig erachteten Bereiche gleichermaßen professionell bearbeiten zu können.
Die Leitung des Bachelor- wie auch des Masterprogramms "Populäre Musik und Medien" obliegt dem Fach Musik der Universität Paderborn. Zu den festen Kooperationspartnern des Fachs Musik gehören:
- das Musikwissenschaftliche Seminar der Hochschule für Musik Detmold und der Universität Paderborn
sowie je zur Universität Paderborn gehörig
- das Institut für Medienwissenschaften,
- die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften,
- das Zentrum für Informations- und Medientechnologien (IMT) und
- das Zentrum für Sprachlehre.
Neben diesen institutionellen Kooperationspartnern engagiert das Fach Musik ständig renommierte Fachleute für Lehraufträge und Gastvorträge etwa aus Bereichen des Musikmanagements, des Musikjournalismus, des Musikrechts wie auch der künstlerischen Praxis.
Dies ermöglicht den Studierenden von Erfahrungen der Fachleute zu profitieren. Darüber hinaus gibt es vielfältige Gelegenheiten, sich aktiv in verschiedenen Feldern der Musik- und Medienpraxis zu erproben. Dafür wurde im Bachelorprogramm ein Praktikums- oder wahlweise Auslandssemester installiert. Zusätzlich werden regelmäßig Projekte und Exkursionen unter Anleitung der Dozierenden durchgeführt, in deren Rahmen sich Studierende entsprechend ihrer Interessen einbringen können, sei es im Bereich der Pressearbeit, Akquise, Organisation/ Management oder der künstlerischen Praxis. Erfolgreiche Beispiele dafür sind Seminare zum Artist Coaching, dem AStA-Sommerfestival und die Zwischenmiete-Reihe.
Darüber hinaus bieten verschiedene Einrichtungen Möglichkeiten, sich musik- und medienpraktische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Hierzu zählen u.a. das universitätsinterne Informations- und Medienzentrum (IMT) mit einem umfangreichen Angebot medienpraktischer Kurse, das Campus-Radio L'Unico, ein hausinternes Tonstudio, verschiedene Ensembles und Bands, die Studiobühne oder auch das Zentrum für Sprachlehre mit regelmäßigen Kursangeboten. Auch die von den Fachschaften Populäre Musik und Medien und Musik-Lehramt organisierten Open Stages bieten Raum für musikalische Praxis.
Studierende des Masterprogramms haben ebenfalls regelmäßig Gelegenheit, sich in den verschiedenen popmusikkulturellen Anwendungsgebieten zu erproben. Neben den oben genannten Bereichen der Musik- und Medienpraxis wird hier ein besonderes Augenmerk auf die wissenschaftliche Praxis gelegt. So werden Masterstudierende an der Organisation und Durchführung von Gastvorträgen, Symposien, Forschungsprojekten sowie Exkursionen ins In- und Ausland beteiligt.
Innerhalb der bisherigen vier erfolgreich verlaufenen (Re-)Akkreditierungsverfahren des Bachelor- und Masterprogramms wurden seitens der Gutachten vor allem die gelungene Integration in das Universitätskonzept („Universität der Informationsgesellschaft“) bei gleichzeitig herausragendem Profil, die starke Berufsfeldorientierung sowie die hohe Wertschätzung der Studiengänge durch die Studierenden betont. Dabei wurde seit 2008 den Studierenden des Bachelor- wie auch des Masterprogramms die Möglichkeit einer gezielten Profilschärfung, entweder mit wirtschafts- oder kulturwissenschaftlicher Ausrichtung, geboten.
Weiterführende Informationen zu den Studieninhalten und zu den Zugangsvoraussetzungen finden sich auf den Unterseiten dieser Rubrik.
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