Vortrag von Dr. Stephan Klingen im Rahmen des Seminars "Aktuelle Forschungsfelder für Historiker"

„Der 'Führerauftrag Monumentalmalerei' - eine Dokumentationskampagne 1943-1945“

Datum:  Donnerstag, 10.12.2009

Uhrzeit: 18.00 - 20.00 c.t.

Raum: P 5.203

 

Zum Vortrag:

Zu den bedeutsamsten Beständen der Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München zählt die Sammlung von ca. 40.000 Farbdiapositiven, die in den Jahren 1943 bis 1945 im Auftrag des nationalsozialistischen Regimes angefertigt worden waren. Angesichts der Bedrohung durch den Bombenkrieg sollte mit der Fotokampagne die wandfeste Ausstattung aller bedeutenden Baudenkmäler im 'Großdeutschen Reich' in Farbe dokumentiert werden.

Die Initiative zu der vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda koordinierten Fotokampagne ging von Adolf Hitler selbst aus. Fast alle prominenten Fotografen Deutschlands nahmen am daher so genannten 'Führerauftrag Monumentalmalerei' teil. Die Denkmalämter der Gaue waren angewiesen worden, Listen historisch und künstlerisch wertvoller Malereien zusammenzustellen.

Die heute erhaltenen Bildserien zeigen Dekorationsprogramme von etwa 480 Bauwerken in Deutschland, Österreich, Polen, der russischen Föderation und in Tschechien. Auf ihnen sind in hoher Qualität die oftmals einzigen farbigen Aufnahmen bedeutender Kunstwerke vor ihrer Zerstörung oder Beschädigung im Zweiten Weltkrieg überliefert.

Bei Kriegsende wurden die Diapositive in verschiedene Sicherungsdepots verbracht und 1956 vom Bundesinnenministerium dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München als Treuhänder übergeben. Nach einer im Jahr 2000 gemeinsam vom Bildarchiv Foto Marburg und dem Zentralinstitut durchgeführten Digitalisierungskampagne und der anschließenden kunsthistorischen Erforschung des Materials ist der Bestand seit 2005 über verschiedene Bilddatenbanken im Internet recherchierbar. (<link http: www.bildindex.de _self>www.bildindex.de, <link http: www.deutschefotothek.de _self>www.deutschefotothek.de, <link http: www.prometheus.de _self>www.prometheus.de und <link http: www.zi.fotothek.org _self>www.zi.fotothek.org).

Der Vortrag verfolgt die Genese dieser ersten farbfotografischen Dokumentationskampagne der Kunstgeschichte im Spannungsfeld von Denkmalpflege und Propaganda und skizziert die komplexe Überlieferungsgeschichte des Bildkonvoluts nach dem zweiten Weltkrieg. Nur vor diesem Hintergrund lassen sich Fragen nach dem Quellenwert und der Eignung des Bildmaterials für heutige Rekonstruktions- und Restaurierungsprojekte angemessen beantworten.

Literatur zum Vortrag:

Gert Koshofer, Geschichte der Farbphotographie in der Popularisierungszeit, in: Farbe im Photo, Die Geschichte der Farbphotographie von 1861-1981, Ausstellungskatalog, Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, 1981, dort bes. S. 139.

Rolf Sachsse: "Die größte Bewährungsprobe für den Kleinfarbenfilm", Der Führerauftrag zur Dokumentation wertvoller Wand- und Deckenmalerein in historischen Bauwerken, in: Dom Tempel Skulptur, Architekturphotographien von Walter Hege, Ausstellungskatalog, Agfa Foto-Historama, Köln 1993, herausgegeben von Angelika Beckmann und Bodo von Dewitz, S. 68-72.

Ralf Peters: Gerettet: die Farbdokumentation "kulturell wertvoller Wand- und Deckenmalerei in historischen Baudenkmälern Großdeutschlands" von 1943-1945, in: Kunstchronik, 55, 2002, S. 242-244.

Christian Fuhrmeister, Stephan Klingen, Iris Lauterbach, Ralf Peters (Hrsg.): "Führerauftrag Monumentalmalerei" - Eine Fotokampagne 1943-1945, Köln 2006. (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München; 18). Inhaltsverzeichnis: <link http: www.kubikat.org rco bf00 bf00000625t-toc.pdf. _self>www.kubikat.org/rco/bf00/000/bf00000625t-toc.pdf.

Ralf Peters: Virtueller Denkmalschutz - ein fotografischer "Führerauftrag", in: Stifter-Jahrbuch, N.F.22.2008, S. 195-215.

Zur Person:

Studium Kunstgeschichte, Archäologie und Volkskunde in Köln und Bonn. 1993 Promotion in Bonn. 1994-1995 Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Katalog der deutschen Gemälde des 16.-17. Jahrhunderts. Seit 1995 am Zentralinstitut für Kunstgeschichte, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Projekt "Realisierung eines fachlichen Bibliotheksverbundes Florenz-München-Rom". 1996 Leiter der EDV-Abteilung am ZI. Seit 1999 zusätzlich Leiter der Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte. 

Bibliographie (Auswahl):

Von Birnau nach Salem. Der Übergang vom Rokoko zum Klassizismus in Architektur und Dekoration der südwestdeutschen Sakralkunst (Diss.). - Die deutschen Gemälde des 16. und 17. Jahrhunderts. Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Mit Beiträgen von Margit Ziesché, Weimar 1996. - Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Die deutschen Gemälde des 16. und 17. Jahrhunderts. Didaktischer und wissenschaftlicher Katalog der ausgestellten Gemälde, CD-ROM, Offenbach 1996-2000.