Laufende Projekte

Griechische Identität im Spiegel des herodoteischen Geschichtswerks

Victoria Wächtler

Betreuer: Stefan Link

Mit seinem Werk „Historien“ bietet der griechische Geschichtsschreiber Herodot retrospektiv nicht allein einen Einblick in die Ursachen und den Verlauf der Perserkriege. Über dieses Hauptthema seiner Arbeit hinaus weist sein Werk eine ganze Reihe völkerkundlicher Untersuchungen und Beobachtungen auf, die es bereits zum Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten werden ließen. Wenig Beachtung hat dabei bisher der Umstand gefunden, dass Herodot in diesem Zusammenhang und vor dieser Folie als Hintergrund ebenso detailreiche wie differenzierte Vorstellungen von einer gemeinsamen griechischen Identität entwickelt, mit deren Hilfe er seinen zeitgenössischen Zuhörern Eigenes im Spiegel des Fremden entwickeln und vor Augen führen will, um so aus dem Gegensatz aus „Freiheit“ und „Knechtschaft“ (der sich natürlich ganz wunderbar in die Erzählung des okkupierenden Achaimenidenreichs einfügen lässt) ein tiefgreifendes Wir-Gefühl im Rahmen einer als spezifisch griechisch definierten Identität zu entfalten versucht.

Laufzeit: 2022-2028

Das Recht zu erobern – Die Legitimation von Eroberungen im frühen und hohen Mittelalter

Dr. Anne Foerster

Betreuer: Prof. Dr. Hermann Kamp

Das Projekt untersucht die Ideen und Argumente, mit denen Eroberungen im Franken- sowie dem ostfränkisch-deutschen Reich zwischen ca. 500 und ca. 1150 legitimiert und zuweilen auch delegitimiert wurden. Damit korrigiert und präzisiert sie die Grundannahmen der bisherigen Forschung in verschiedener Hinsicht. Die an den mittelalterlichen Herrscher gestellte Erwartung, sich im Kampf zu bewähren, sowie die Häufigkeit, mit der Konflikte in dieser Zeit militärisch ausgetragen wurden, enthoben die Zeitgenossen nämlich keineswegs der Notwendigkeit, Eroberungen ausdrücklich zu legitimieren. Die Untersuchung kann zeigen, dass die Schreibenden das Bedürfnis verspürten, den Eroberungskrieg und die gewaltsame Herrschaftsübernahme zu rechtfertigen, um dem Verdacht, man habe aus Habgier zu den Waffen gegriffen, zu begegnen. Dabei rekurrierte man, im Gegensatz zu der bisher für diese Zeit vertretenen Auffassung, sehr wohl auf die Idee des gerechten Krieges, deren Zusammenspiel mit anderem Gedankengut wie dem der Barbarenbekämpfung, des Glaubens- oder des Heiligen Krieges bei der Legitimierung von Eroberungen analysiert wird.

 

infantaticum, regina, imperatrix - Erbe und Herrschaft von Töchtern spanischer Herrscher im 10. - 12. Jahrhundert

Dania Lins

Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Englisch

Wie einer Urkunde aus dem Jahr 1157 zu entnehmen ist, tätigte Sancha, die Schwester König Alfons VII., einleitend mit den Worten „Ego Sancia regina, comitis Raimundi et Vrrache regine ragina proles ...“ eine Spende an die Kathedrale von Zamora und die Kirche von San Miguel de Mercadillo. Eine für das spanische Hochmittelalter typische und doch bemerkenswerte Tätigkeit; die Schwester des Königs führte als unverheiratete Frau, die kein monastisches Amt bekleidete, den Titel regina und verfügte über erhebliche Besitz- und Jurisdiktionskomplexe. Im Zuge des Promotionsvorhabens werden die erbrechtlichen Verhältnisse der Herrschertöchter im christlichen Teil Nordspaniens und die resultierende Reichweite ihrer Macht untersucht: Warum und in welchem Umfang wurden Infantinnen am materiellen, königlichen Erbe beteiligt? Wie nutzen sie ihr Erbe und welche Machtverhältnisse entwuchsen diesem? Das Verhältnis von Macht und Geschlecht zeichnet sich in Spanien differenzierter, als die bereits erforschten großen Frauenpersönlichkeiten, die als Äbtissinnen, Ehefrauen und Witwen den männlichen Herrscherfiguren lediglich adaptiv zur Seite gestellt wurden. Das Promotionsprojekt widmet sich der Analyse weiblicher Machtpositionen in ihrer Ausgestaltung und Interdependenz.

Laufzeit: 10/2016 - 10/2022

 

Die Predigten auf dem Konstanzer Konzil, 1414-1418

Prof. Dr. Malte Prietzel

Predigten waren das einzige Massenmedium des Mittelalters. Nur sie boten vor der Erfindung des Buchdrucks die Möglichkeit, viele Menschen auf einmal zu erreichen. Auch auf dem Konstanzer Konzil spielten sie daher eine wichtige Rolle. Bislang wurden diese Konzilspredigten jedoch nur in Hinblick auf theologie- und geistesgeschichtlicher Fragestellungen beachtet. Tatsächlich prägten sie die Kommunikation auf dem Konzil ganz allgemein: bei (kirchen-)politischen Diskussionen, bei der Inszenierung von Entscheidungen und bei der Ausbildung von Diskursen.

Nachweisbar sind rund 330 Predigten. Bei der Hälfte davon ist ein Text erhalten. Die anderen werden nur in anderen Quellen erwähnt. Tatsächlich war die Zahl der Predigten auf dem Konzil sicherlich höher, wenigstens bei 400 bis 500 Predigten.

Laufzeit: 2020 - 2023

Drittmittel: DFG

 

Rituelle Unterwerfungen vor dem Stadtherrn

Carolin Streuber

Betreuer: Prof. Dr. Hermann Kamp

Im Ringen um Rechte und Privilegien gerieten Städte immer wieder in Konflikte mit ihren Stadtherren und unterlagen nicht selten dabei. Im Rahmen der Friedensschlüsse nach diesen Auseinandersetzungen werden sowohl in den erzählenden Quellen als auch in Urkunden und Verträgen immer wieder Rituale beschrieben. Das Promotionsvorhaben fragt nach der rituellen Ausprägung solcher Friedensschlüsse im römisch-deutschen Reich, Italien und Frankreich und verfolgt im Einzelnen, wie sich die Rituale und deren Funktion im Laufe des hohen und späten Mittelalters veränderten und worin regionale Unterschiede begründet waren. Dadurch sollen nicht nur Erkenntnisse über die Funktion der Rituale gewonnen werden, sondern insbesondere auch über die sich wandelnde politische und soziale Stellung der Städte in den verschiedenen Reichen.

 

Die Visualisierung des Göttlichen – Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik im Spiegel der Herrschaftsprogrammatik frühmittelalterlicher Reiche

Katrin Weidemann

Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Englisch

Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik sind eng verbunden mit der Kultur des Westgotenreichs und der Herrschaftsprogrammatik der Könige des asturischen Reichs, das von ca. 722 bis 910 n.Chr. existierte. Dies äußert sich in den Patrozinien der gestifteten Kirchen, in deren künstlerischer Ausgestaltung und Epigrafik, sowie in Kleinkunst und Schriftgut. Weitgehend unberücksichtigt geblieben ist bislang, dass sowohl in der westgotischen als auch in der asturischen Zeit Salvatorverehrung und Kreuzsymbolik wechselnde Akzentuierungen erfahren. Diese Entwicklungen beleuchten politische und kirchenpolitische Prozesse und können uns einen neuen Blickwinkel auf diese eröffnen. Auch für das Karolingerreich lässt sich der gezielte Rückgriff auf die hier behandelten Elemente der christlichen Kultur feststellen. Es bleibt zu überprüfen, ob ebenfalls konkrete Bezüge zum historischen Kontext bestehen und neue Erkenntnisse hinsichtlich bestimmter Ereignisse oder Ereignisketten gewonnen werden können.

Laufzeit: 2021 - 2023

Machtpolitische Strategien der Regentin Christine Charlotte von Ostfriesland (1665-1690)

Rieke Becker

Betreuer: Prof. Dr. Johannes Süßmann

Das Dissertationsprojekt befasst sich mit der vormundschaftlichen Regentschaft der Fürstin Christine Charlotte über Ostfriesland in den Jahren 1665 bis 1690. Diese war von mehr­schichtigen innerostfriesischen Konflikten geprägt, welche sich mit äußeren Konflikten und Interessen verwoben. Sie fiel in eine Zeit des äußerlichen Aufstiegs der Grafen- bzw. Fürstenfamilie. Christine Charlottes Ehemann war vom Grafen- in den erblichen Fürstenstand erhoben worden, sie selbst erlangte 1667 die Aufnahme mit Sitz und Stimme in den Reichsfürsten­rat. Dem gegenüber stand eine geringe tatsächliche Macht der Landesherrschaft, die im­mer wieder bedroht war und sich mit vergleichsweise sehr mächtigen Ständen, der Landschaft, auseinandersetzen musste. Beide Parteien suchten und fanden in Konfliktsituationen Unterstützung bei ausländi­schen Mächten, die je nach Eigeninteresse mitunter auch die Fronten wechseln konnten. Somit wurde Ostfriesland, ein Territorium an der Peripherie des Reiches, unter der Regentschaft Christine Charlottes zum Zentrum ei­nes transregionalen Verflechtungs- und Konfliktraumes, in dem verschiedene Interessen miteinander kon­kurrierten.

Das Dissertationsprojekt stellt Christine Charlotte in den Fokus und fragt, wie diese sich als Akteurin in dem skizzierten Verflechtungs- und Konfliktraum bewegte, mit welchen Strategien sie also versuchte, ihre Herrschaft zu legitimieren, Verbündete zu gewinnen, ihre Macht zu festigen und zu erweitern.

Laufzeit: 2018 - 2024

 

Medienereignisse in Matthäus Merians „Theatrum Europaeum“

Markus Lauert

Betreuer: Prof. Dr. Johannes Süßmann

Das "Theatrum Europaeum", das von Matthäus Merian d. Ä. ins Leben gerufen und von seinen Erben mehrere Generationen lang fortgeführt wurde, besitzt eine multimediale Bandbreite an Inszenierungsformen. Die verschiedenen Darstellungsmodi haben gemeinsam, dass sie Narrationen transportieren können, in denen Ereignisse wie Schlachten, Friedensschlüsse aber auch Naturphänomene und Wundergeschichten wichtige Katalysatoren und Wendepunkte der Handlung bilden. Diese Ereignisse sind in den Geschehnissen selbst jedoch nicht angelegt; sie werden erst durch narrative Prozesse zu Ereignissen gemacht. Das Promotionsvorhaben stellt sich der Frage, wie aus einer Vielzahl chaotischer, unstrukturierter Geschehnisse im "Theatrum Europaeum" eine Narration geformt wird, die entlang verschiedener Ereignisse erzählt wird. Damit versucht es eine wichtige Lücke in der Medienereignis-Forschung des 17. Jahrhunderts zu schließen.

Laufzeit: 2017 - 2023

Die Entstehung eines Zollraumes in Flandern und Brabant als Zugang zum Staatsbildungsprozess in den Spanischen Niederlanden (1659–1699)

Leitung: Yves Huybrechts

Im Zentrum des Forschungsprojektes stehen die Spanischen Niederlande in der Periode zwischen dem Pyrenäenfrieden und dem Spanischen Erbfolgekrieg. Ob sich in diesem Gebiet in dieser Zeit ein Staat (weiter)entwickelt hat, ist kaum untersucht worden. Das Forschungsprojekt soll anhand vom Entwicklungsprozess eines Zollraumes in den wirtschaftlich wichtigsten Provinzen der Spanischen Niederlande, der Grafschaft Flandern und dem Herzogtum Brabant, die steuernde Wirkung externer Kräfte in der Staatsbildung freilegen. Als eine Region, die wegen geopolitischer Interessen ständig von ihren Nachbarn beeinflusst wurde, sind Flandern und Brabant nämlich geeignet, um die exponierte Position als einen Motor der Staatsbildung zu studieren. Die Studie soll demonstrieren, wie die Territorialisierung der Souveränität wegen dieser Position von externen Kräften angeregt wurde, die also eine „state formation from above“ bewirkten. Somit wird die Studie der Staatsbildungsprozesse um eine neue Dimension ergänzt und das Bild von Spanischen Niederlanden justiert.

Laufzeit: 01/2024 - 12/2029

Politische Kommunikation anhand fiktionaler historischer Erzählungen im Spanischen Bürgerkrieg

Julian Muhs

Betreuerin: Prof. Dr. Korinna Schönhärl

Das Dissertationsprojekt befasst sich mit fiktionalen historischen Erzählungen aus dem Spanischen Bürgerkrieg. An diesem auch als ersten Medienkrieg der Geschichte bezeichneten Konflikt beteiligten sich in vielfältiger Form spanische und internationale Intellektuelle aller politischer Couleurs. Nicht wenige dieser Akteure publizierten während oder unmittelbar nach dem Krieg Erzählungen, deren fiktionale Handlung vor dem Hintergrund der Ereignisse des Bürgerkriegs spielte. Ausgehend von der Hypothese, dass der historischen Erzählung entsprechend ihrer spezifischen Charakteristika ein besonderes Kommunikationspotential innewohnt, soll untersucht werden, wie sich die politischen Ansichten der ins Zentrum der Arbeit gestellten Autor*innen über das Zusammenspiel fiktionaler und historischer Elemente in ihren Erzählungen mitteilen.

Die Auswahl der Autor*innen erfolgte entsprechend dem Anspruch, ein politisch möglichst breites Spektrum abzubilden. Mit Gustav Regler, Agustín de Foxá, Ilse Barea-Kulcsar, Manuel Chaves Nogales, Robert Brasillach und Karl Otten werden Angehörige oder Sympathisanten beider Kriegsparteien untersucht und auch die politische Heterogenität innerhalb der jeweiligen Lager bis zu einem gewissen Grad abgebildet.

Laufzeit: Okt. 2022 - Sept. 2023

 

Internationale Beteiligung von Frauen am Spanischen Bürgerkrieg: Konzepte und Praktiken weiblicher Partizipation in der Zwischenkriegszeit

Dr. Christin Hansen

Die Beteiligung von Freiwilligen aus anderen Ländern während Kriegen ist in der Geschichte kein neues Phänomen: In Kriegen des 19./20. Jahrhunderts übernahmen neben Männern auch Frauen aus dem Ausland verschiedene Funktionen, von denen vor allem die traditionellen wie Versorgung oder Krankenpflege erinnert werden. Jenseits dieser traditionellen Rollenbilder wurde die freiwillige Beteiligung von Frauen an bewaffneten Konflikten bisher jedoch erstaunlich wenig untersucht. Im Projekt dient der Spanische Bürgerkrieg (1936-1939) als Beispiel: In den ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Kommunismus vs. Antikommunismus und Faschismus vs. Antifaschismus konnten sich Frauen in bisher unbekannter Weise neu verorten und somit neue Handlungsfelder und Rollen im Kriegsgeschehen für sich erschließen. So ist es möglich, den rapiden Wandel der Geschlechterbeziehungen und -rollen der Zwischenkriegszeit vor dem Hintergrund radikaler ideologischer, kriegerischer und pazifistischer Auseinandersetzungen nachzuvollziehen. Der Spanische Bürgerkrieg wird im Projekt also als Raum verstanden, in dem sowohl der Einsatz der Frauen (und Männer) vor Ort als auch die Rezeption beziehungsweise die Bewertung dieses Einsatzes durch die Teilnehmenden selbst und ihre Herkunftsräume verhandelt werden.

Das Projekt leistet somit nicht nur einen Beitrag zur Geschlechtergeschichte, sondern eröffnet auch einen neuen Blickwinkel auf Krieg als Aushandlungsort von Partizipationsprozessen.

Laufzeit: 2021 - 2024

 

Internationale Kulturgeschichte der Steuermoral

Prof. Dr. Korinna Schönhärl

Wie kommt es eigentlich, dass in verschiedenen Ländern das Steuerzahlen einen unterschiedlichen Stellenwert in der Gesellschaft hat, dass diese Pflicht mehr oder weniger ernst genommen wird? Wie kommen die Normen des Steuerzahlens im gesellschaftlichen Diskurs zustande, und wie verändern sie sich im Laufe der Zeit? Diesen Fragen geht das Heisenberg-Projekt „Internationale Kulturgeschichte der Steuermoral“ nach, indem es Diskurse um das (un-)ehrliche Zahlen von Steuern in Spanien, den USA und Westdeutschland zwischen den 1940er und den 1980er Jahren vergleichend untersucht. Parlamentsdebatten werden dabei ebenso analysiert wie die Zeitungsberichterstattung, Stellungnahmen der Religionsgemeinschaften ebenso wie Steuerratgeber und Unterrichtsmaterialien.

Nähere Informationen hier

Laufzeit: 2018-2024

Drittmittelgeber: DFG im Rahmen des Heisenberg-Programms

Britische Streitkräfte in Deutschland. Besatzung und Stationierung in transnationaler Perspektive

Dr. Bettina Blum (Leitung)

Das Forschungsprojekt untersucht, welche sozialen und kulturellen Auswirkungen die Stationierung britischer Truppen in Deutschland über drei Generationen hinweg sowohl auf die etwa zwei Millionen Angehörigen der britischen Streitkräfte als auch auf die lokale Bevölkerung in Nordwestdeutschland hatte. Damit soll die vorherrschende Konzentration auf US-amerikanische Prägungen der bundesrepublikanischen Kultur und Gesellschaft ergänzt und erweitert werden um die Analyse der Bedeutung britischer Einflüsse. In besonderer Weise geraten die Akteurinnen und Akteure in den Blick, die auf ‚fremde’ kulturelle Phänomene mit Akzeptanz oder Vereinnahmung, aber auch mit Abwehr und Segregation reagierten. Besonders beachtet werden muss, dass die Transfers nicht nur Übertragungen von ‚deutschen’ oder ‚britischen’ kulturellen Phänomenen beinhalteten, sondern auch die von der militärischen in eine zivil geprägte Welt und vice versa. Das Forschungsprojekt zeichnet aus, dass es im Gegensatz zu den meisten Studien zu alliierten Stationierungsstreitkräften in Deutschland deutsche und britische Perspektiven gleichberechtigt und in ihrer Wechselwirkung untersucht und dafür auf einen breiten Quellenfundus zurückgreifen kann (jeweils deutsche und englische Quellen aus Privatbesitz, archivalische Dokumente, Medienberichte, Interviews und schriftliche Erinnerungen).

Laufzeit: seit 2019

Drittmittel: DFG (Projektnummer 426819063)

 

Humanitäre Auslandshilfe in der Nachkriegszeit: Erholungsaufenthalte deutscher Kinder im europäischen Ausland, 1945-1955

Friederike Horgan

Betreuer: Prof. Dr. Peter Fäßler

Knapp 50.000 deutsche Kinder wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von europäischen Familien für Erholungsaufenthalte aufgenommen. Dies ist ein frühes Beispiel der humanitären Auslandshilfe und es überrascht vor allem aufgrund des Kontextes. Die betroffenen europäischen Länder bewiesen Verantwortungsbewusstsein und brachten der leidenden Zivilbevölkerung im zerstörten Deutschland Fürsorge statt Rache- und Vergeltungsgedanken entgegen. Die verschiedenen kirchlichen, Regierungs- und gewerkschaftlichen Organisationen der Siegermächte, Überfallenen sowie neutralen Ländern übten wichtige humanitäre Hilfe aus, die Aktionen brachten allerdings auch Probleme mit sich. Das Dissertationsprojekt befasst sich mit der Frage, inwiefern sich die grundlegenden Probleme des Humanitarismus im Blick auf Erholungsaufenthalte deutscher Kinder im europäischen Ausland klären lassen. Dabei werden die Prinzipien und Konzepte des Humanitarismus ebenso in den Blick gefasst wie die daraus resultierenden Dilemmata.

 

Der ‚Faktor Mensch‘. Die Entwicklung des Mensch-Maschine-Verhältnisses in der internationalen Zivilluftfahrt, 1950er bis 1980er Jahre

Dr. Sabrina Lausen

Betreuer: Prof. Dr. Peter Fäßler

Mensch-Maschine-Verhältnisse werden aktuell in einer Vielzahl von Branchen und Forschungsrichtungen diskutiert. Angesichts der Aktualität und der Brisanz des Themas überrascht es, dass manche Beziehungen zwischen Mensch und Maschine bislang kaum systematisch hinterfragt wurden, obwohl sie seit Langem öffentlich diskutiert werden. Hierzu zählt die historische Entwicklung in der Zivilluftfahrt. Diese Forschungslücke nimmt das Projekt zum Anlass, um am Beispiel unterschiedlicher Länder in Ost und West die sich verändernde Hierarchisierung im Verhältnis zwischen Mensch und Maschine in den Cockpits moderner Verkehrsflugzeuge zu analysieren. Hierfür wird von der These ausgegangen, dass es sich bei der Beziehung zwischen Mensch und Technik und der Wahrnehmung ihrer unterschiedlichen Qualitäten um ein Phänomen handelt, das vor allem von politischen und ökonomischen Interessen, aber auch von kulturellen Kriterien bestimmt wird. Das Ziel des Projekts ist es, unter Anwendung technik- und wissenschaftshistorischer Ansätze Ursachen zu ermitteln, die die Gewichtung im Mensch-Maschine-Verhältnis verändert haben. Darüber hinaus werden die hieraus resultierenden Folgen für die Pilotenausbildung sowie der Wandel der Technikwahrnehmung von Piloten und Pilotinnen im Zuge des Automatisierungsprozesses zu untersucht.

Laufzeit: 2017 - 2023

 

Eine Globalgeschichte des Ozeans im Anthropozän

Dr. Johanna Sackel

Das Projekt widmet sich dem Mensch-Meer-Verhältnis im Anthropozän. Geplant ist eine Einführung, die, als Geschichte der Gegenwart angelegt, einerseits nach den Auswirkungen menschlicher Handlungen und Nutzungen auf die Meeresumwelt fragt und andererseits aufzeigt, wie das Meer umgekehrt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft prägte.
Daneben sind Aufsätze geplant, die sich spezifischen Fragen der Zeitgeschichte der Meere widmen. Ein Teilprojekt fragt nach der Wissenschaftskommunikation in der Meeresforschung, ein zweites beleuchtet die These einer „Ressourcifizierung“ im Meeresschutz. Der dritte Aufsatz widmet sich einer Fallstudie zum Zusammenhang von Überfischung und Ocean Grabbing.

 

Die Verwaltung des Illegalen. Migratorische und aufenthaltsrechtliche Illegalität in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert

Dr. Michael Schubert

Das Projekt „Die Verwaltung des Illegalen. Migratorische und aufenthaltsrechtliche Illegalität in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert“ zielt auf eine Beschreibung und Erklärung der Ursachen und Folgen sowie der Formen illegaler Migration in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert. Die systematische und epochenübergreifende Analyse betrachtet sowohl die auf den illegalen Grenzübertritt bezogene ‚migratorische‘ als auch die mit dem illegalen Aufenthalt befasste ‚aufenthaltsrechtliche Illegalität‘ als veränderliches Resultat und zugleich als Herausforderung der Wahrnehmung von Migration und der damit zusammenhängenden Einflussnahme auf Migrations- und Aufenthaltsverhältnisse: Regime illegaler Migration als Wechselverhältnisse zwischen Migration und ihrer Verwaltung. Das Forschungsprojekt knüpft dabei ganz wesentlich an ein sich gegenwärtig weiter etablierendes Forschungsfeld an, das den Zusammenhang von Staatlichkeit und Migration ergründet und damit ein ganz zentrales Zukunftsthema der gesellschaftspolitischen Diskussion über Migration in den Blick nimmt.

Laufzeit: 2014 - 2017 als DFG-Projekt, abgeschlossen und begutachtet, weitere Laufzeit bis 03/2023 zur Verschriftlichung als Monografie

Drittmittel: DFG SCHU 1527/2-1

 

Die „Japanische Herausforderung“ und die westdeutsche Unterhaltungselektronikindustrie

Florian Staffel

Betreuer: Prof. Dr. Peter Fäßler

Das Dissertationsprojekt untersucht die Reaktionen der westdeutschen Unterhaltungselektronikindustrie auf die zunehmende japanische Konkurrenz von ca. 1970 bis 1985. Der zunehmende Wettbewerb in der Strukturkrise wurde von dem Diskurs über die zeitgenössisch so genannte „Japanische Herausforderung“ begleitet, der neben der Analyse des vermeintlichen Erfolgsmodells wesentlich durch Zukunftsentwürfe und stereotype Wahrnehmungen geprägt war. Im Sinne einer relationalen industry history untersucht das Projekt beispielhalft die Krisenreaktionsstrategien der Unternehmen Grundig und Telefunken, die nationalen und europäischen politökonomischen Steuerungs- und Moderierungsversuche, die Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen sowie die Rolle der Konsument*innen.

Die Studie leistet somit einen Beitrag zur „Globalisierungsgeschichte“ der Bundesrepublik und knüpft an aktuelle wirtschaftswissenschaftliche und -soziologische Debatten an (Robert Shiller, Jens Beckert), indem empirisch die Rolle von Narrativen in ökonomischen Prozessen ausgelotet wird. 

Laufzeit: 2017 - 2023

Wie reagieren Jugendliche auf die Mehrdeutigkeit von historischen Bildern? Eine Studie zum historisierenden Umgang mit Kolonialfotografien

Daniel Fastlabend

Betreuer:  Prof. Dr. Johannes Meyer-Hamme

Das Anliegen der Studie ist es, Jugendliche und deren Umgänge mit Kolonialfotografien sowie den dazugehörigen kontroversen Bilddeutungen zu untersuchen. Das dem zugrundeliegende Erkenntnisinteresse ist die Frage danach, wie sich Jugendliche in geschichtskulturellen Debatten verorten und welche kollektiven Orientierungsmuster an den Umgängen mit Kolonialfotografien und deren Deutungen sichtbar werden. Eine Grundlage ist dabei der Einsatz eines historisierenden Umgangs mit Bildern, der von einer Polysemie von Bilddeutungen ausgeht und darauf abzielt, kontroverse Bilddeutungen zu vergleichbaren Bildmotiven zu thematisieren. Die geschichtsdidaktische Grundlage stellt die theoretische Prämisse dar, dass historisches Lernen – besonders für gesellschaftlich diskutierte Themen wie Kolonialgeschichte ­– in seinen Anteilen auch immer ein geschichtskulturelles Lernen sowie eine Verortung in diesen Debatten bedeutet (Meyer-Hamme 2018). Hierzu werden im Sinne des kontrastiven Samplings unterschiedliche Jugendgruppen mittels Gruppendiskussion befragt, um ebenfalls ein Spannungsfeld der geschichtskulturellen Positionen sowie Praktiken abbilden zu können. Die Diskussionen werden anschließend mittels dokumentarischer Methode und anschließender Fallbeschreibung ausgewertet (Bohnsack 2017 & 2020).

 

Geschichten im digitalen Raum. Historisches Lernen in der ‚App in die Geschichte‘

Alexandra Krebs

Betreuer:  Prof. Dr. Johannes Meyer-Hamme

Alexandra Krebs erforscht im Zuge ihres Dissertationsprojektes historische Lernprozesse und Narrationen von Schüler*innen im digitalen Medium. Hierzu entwickelt sie zunächst in einem Kooperationsprojekt gemeinsam mit QUA-LiS NRW und dem Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld eine digitale Lernplattform (‚App in die Geschichte‘) für forschend-entdeckendes, historisches Lernen. Lerngruppen können hierin mit Archiven kooperieren, eigene historische Themen und Fragestellungen entwickeln und diese anhand digitalisierter Archivalien in kleinen Forscher*innenteams kollaborativ erforschen und so eigene Geschichten im digitalen Raum schreiben. Neben der App-Entwicklung führt Alexandra Krebs in ihrem Promotionsprojekt zudem eine empirische Studie zum Nutzer*innenverhalten in der App durch. Die App dient dabei als innovatives Erhebungsinstrument, da sich darin sowohl die Lernergebnisse in Form historischer Narrationen als auch die zu ihnen führenden Prozesse historischen Lernens anhand qualitativer als auch quantitativer Daten (v.a. Logfiles) untersuchen lassen.  
Ziel der Forschungsvorhabens ist es, Typen historischen Erzählens herauszuarbeiten und für diese spezifische Lernunterstützungen zu konzipieren, die sich zudem auf andere (digitale) Lernangebote übertragen lassen sowie grundsätzliche Erkenntnisse über Lernprozesse historischen Erzählens von Schüler*innen liefern.

Laufzeit: 2018 - 2024

 

De-Konstruktion kontroverser Narrationen. Eine empirische Untersuchung zu Kompetenzen historischen Denkens von Jugendlichen am Beispiel der Geschichte der Kreuzzüge.

Isabel Elsner-Schwengelbeck

Betreuer: Prof. Dr. Johannes Meyer-Hamme

Isabel Elsner-Schwengelbeck untersucht Performanzen historischen Lernens Jugendlicher unterschiedlichen Alters. Dafür wertet sie Interviews auf Basis der Qualitativen Inhaltsanalyse aus, in denen Jugendlichen kontroverse historische Narrationen vorgelegt werden.

Anhand der Auseinandersetzung mit kontroversen historischen Darstellungen der Geschichte der Kreuzzüge sollen Niveaus historischen Denkens rekonstruiert werden. Die Geschichte der Kreuzzüge ist als eines der kontroversesten Themen heutiger Geschichts- und Erinnerungskulturen sowohl aus geschichtswissenschaftlicher als auch geschichtsdidaktischer Perspektive bedeutsam. Die Deutungen, was ein Kreuzzug war – oder noch ist – gehen vor allem im internationalen Kontext weit auseinander. Einige Interpretationen, die auch über die widersprüchlichen Erzählungen zwischen einer „westlichen“ und „islamischen“ Deutung hinausgehen, sind gesellschaftlich sehr relevant und Teil öffentlicher Diskurse.

Ziel des Projektes ist die Rekonstruktion insbesondere der De-Konstruktionskompetenzen und der Entwicklung eines Graduierungsvorschlags, der die Differenzierung von Niveaustufen ermöglicht.

Laufzeit: 2019 - 2024

Gesellschaftliche Rituale, Bräuche und Feste als Immaterielles Kulturerbe. Theorie und Wirklichkeit am Beispiel des westfälischen Schützenwesens, des rheinischen Karnevals und der Schwörtage in den ehemaligen Reichsstädten

Jonas Leineweber

Betreuerin: Prof. Dr. Prof. h.c. mult. Eva- Maria Seng

In der UNESCO-Konvention von 2003 werden gesellschaftliche Rituale, Bräuche und Feste als ein Ausdrucksbereich des Immateriellen Kulturerbes ausgewiesen und ihnen eine kontinuitäts- und identitätsstiftende Funktion und Wirkung zugeschrieben. Eine empirisch vergleichende Untersuchung, die in den Blick nimmt, inwieweit die in der Konvention und in zahlreichen kulturwissenschaftlichen Theorien genannte Bedeutungs- und Funktionszuschreibung von Bräuchen, Ritualen und Festen in der Wirklichkeit und Praxis der jeweiligen Kulturformen zum Ausdruck kommt, ist allerdings nach wie vor ein Forschungsdesiderat. Das Ziel dieser Arbeit besteht demnach darin, zunächst die diversen Perspektiven der Brauch-, Ritual- und Kulturerbeforschung zusammenzuführen und zu einem Konzept zu verdichten. Darauf aufbauend sollen die ermittelten theoretischen Kriterien mit der Wirklichkeit der Kulturformen des Schützenwesens in Westfalen, dem Karneval im Rheinland und der Schwörtagstradition in Württemberg abgeglichen sowie deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf ihre historische Entstehung, Entwicklung und Bedeutung sowie ihre gegenwärtige Relevanz und Akzeptanz in der heutigen Gesellschaft untersucht werden. Dabei kommt ein Methodenmix zur Anwendung, der sich aus einer historischen Vergleichsanalyse, einer Quellenanalyse zu den Bewerbungsverfahren für das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes sowie quantitativen Online-Umfragen zusammensetzt.

Laufzeit: 2020 - 2023

Drittmittel: Promotionsstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung

 

Zur Transformation historischer Industriebauten in der aktuellen Stadtplanung Roms. Aufgabe, Kulturerbe, Erinnerungsort, urbanistische Ressource?

Anne Scheinhardt

Über 60 altindustrielle Ensembles formieren eine erstaunliche Präsenz produktiver Vergangenheit im postindustriellen Rom. Nach der Umnutzung bedeutender Einzelbauten in den letzten 30 Jahren trat jüngst ein internationales Phänomen zu Tage: zahlreiche Brachen wurden durch den Generalbebauungsplan zum Zweck der Quartiersaufwertung freigegeben. Inwiefern aber sind durchgeführte Maßnahmen – von Konservierung bis hin zu Neubau – Ausdruck von Konsens oder Tendenzen beim Bauen im Bestand? Das wachsende Bewusstsein für die Werte des Industrieerbes dürfte einer von vielen Faktoren gewesen sein, der zu dessen Valorisierung und damit zu (im)materiellen Umdeutungen geführt hat; ein Themenfeld, das für Rom ein Desiderat der Forschung geblieben ist. An einer historisch-kritischen Analyse von Transformationskonzepten setzt das Projekt an. Dazu werden ausgewählte Industrieanlagen seit der Hauptstadtwerdung 1871 als diskursive Spannungsfelder vergleichend, unter verschiedenen disziplinären Perspektiven und im weiteren Kontext untersucht. Ziel ist es, für die Debatten, Theorien und Praktiken im Umgang mit Industriebestand die Relevanz möglicher Konnotationen als Kulturerbe, Erinnerungsort und städtebauliche Ressource aufzuzeigen.  

Drittmittel: Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom (2015–2018), Deutsches Historisches Institut in Rom, Max Weber Stiftung (2019)

 

Stadtbaumeister in Westfalen und Lippe (1800–2000)

Prof. Dr. Prof. h.c. mult. Eva- Maria Seng und Marco Silvestri

Erstmals soll ein Überblick über die Stadtbaumeister und weiteren kommunalen Baubeamten unterschiedlicher Dienstgrade im Zeitraum vom beginnenden 19. Jahrhundert bis an die Wende zum 21. Jahrhundert sowie innerhalb der Grenzen der heutigen Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster gegeben werden. Das Projekt wird federführend am Lehrstuhl für Materielles und Immaterielles Kulturerbe von Prof. Dr. Eva-Maria Seng betreut und gemeinsam mit der Historischen Kommission für Westfalen durchgeführt. In enger Zusammenarbeit mit Archiven, Denkmalämtern und der Heimatpflege wird ein Band mit überblicksartigen Aufsätzen sowie Artikeln zu den einzelnen Stadtbaumeistern in Westfalen entstehen. Die Zusammenschau aus historischer Perspektive soll zu einem besseren Verständnis des Städtebaus und der Rolle, Aufgaben sowie Leistungen der städtischen Administration in diesem Bereich beitragen. Auch sollen die Lebensgeschichten der Baumeister und ihre Œuvres, die oftmals nicht überkommen sind, wieder bekannt gemacht werden. Größe oder Bedeutung einer Stadt spielen dabei keine Rolle. Die Ergebnisse werden in Form eines Handbuches in der Reihe „Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen. Neue Folgen“ erscheinen.

Die Website des Forschungsprojekts finden sie hier.

Laufzeit: Seit 2022

Drittmittel: Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission für Westfalen