Die herausragende kulturwissenschaftliche Bedeutung der Brüder Grimm ist unbestritten. In der Forschung werden Jacob und Wilhelm Grimm als Wissenschaftler, Bibliothekare, Diplomaten und Künstler gewürdigt. Allerdings fehlte bislang eine Aufarbeitung der Kinder- und Jugendzeichnungen der beiden Multitalente. Das hat eine Wissenschaftlerin der Universität Paderborn zum Anlass genommen, sich mit frühesten Zeugnissen der Brüder Grimm auseinanderzusetzen.
„Kinder- und Jugendzeichnungen werden oftmals als historisch bedeutende Dokumente und Archivalien übersehen. Dabei sind sie wertvolle zeichnerische Zeugnisse von z. B. gesellschaftlichen Veränderungen, Kriegsgeschehnissen und wichtigen Ereignissen. Zudem geben sie einen Einblick in die Schul- und Bildungsgeschichte vorangegangener Generationen aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen“, erklärt Dr. Larissa Eikermann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Malerei (Didaktik) an der Universität Paderborn.
Zusammen mit Prof. em. Dr. Jutta Schröter-Bender, ehemals Professorin für Kunst und ihre Didaktik (Malerei) an der Universität Paderborn, und Susanne Völker, bis 2023 Kulturdezernentin der Stadt Kassel, hat sie einen neuen Sammelband mit dem Titel „Die Kinder- und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm und ihrer Familie“ herausgegeben, der die frühen Exponate aus der Grimm-Sammlung der Stadt Kassel zum ersten Mal grundlegend dokumentiert sowie deren Provenienzgeschichte – die Geschichte der Herkunft von Kunstwerken und -gütern – aufarbeitet.
Die Autor*innen der einzelnen Aufsätze betrachten den Forschungsgegenstand darin aus verschiedenen Blickwinkeln und mithilfe unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden – von der historischen Kontextualisierung über die Analyse der Motive bis hin zur Anwendung in der schulischen Vermittlung. Diese lassen u. a. neue Rückschlüsse auf das frühe Schaffen der Brüder Grimm sowie die Bildungsgeschichte des 19. Jahrhunderts zu.