Flandern, der niederländischsprachige Landesteil im Norden Belgiens, ist ein bedeutsamer Knotenpunkt der Wirtschaft, Kultur, Politik und des Wissens in der Mitte Europas. Wie diese Region den Benelux-Raum entscheidend mitgestaltete und welche Rolle sie in der europäischen und globalen geschichtlichen Entwicklung hatte und aktuell einnimmt, erforscht ab dem Wintersemester 2023/24 Jun.-Prof. Dr. des. Yves Huybrechts im Rahmen seiner Juniorprofessur an der Universität Paderborn. Hier lehrt er über die Geschichte Flanderns aus einer Perspektive europäischer und globaler Verflechtung. Angesiedelt ist die Stelle am Historischen Institut und am Belgienzentrum der Universität. Die Juniorprofessur wird für eine Dauer von sechs Jahren maßgeblich von Flanderns Bildungsministerium, von der niederländischen Sprachunion „Taalunie“ sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen (MKW) ermöglicht.
Der Generaldelegierte von Flandern in Deutschland Nic Van der Marliere erklärte zur Einrichtung der Juniorprofessur: „Flandern und Nordrhein-Westfalen arbeiten seit fast zwei Jahrzehnten in mehreren wichtigen Politikbereichen intensiv zusammen. So haben die Regierungen beider Länder bereits drei gemeinsame Kabinettssitzungen organisiert. Dennoch stelle ich oft fest, dass Flandern im Vergleich zu den Niederlanden vielen Deutschen relativ unbekannt bleibt. Wir teilen zwar unsere Sprache, aber in vielen Bereichen sind Flamen und Niederländer sehr unterschiedlich. Aus flämischer Sicht wird durch die Einrichtung dieser Juniorprofessur ein fantastischer Mehrwert geschaffen, um Flanderns Geschichte, Rolle in Europa, seine Kultur und Sprache in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland stärker in den Fokus zu rücken.“
Förderung von interkultureller Forschung und internationaler Zusammenarbeit
„Flandern ist eine Region im Herzen Europas, die mit 6,6 Millionen Einwohner*innen 60 Prozent der belgischen Bevölkerung ausmacht und 70 Prozent des belgischen Bruttoinlandsprodukts sowie 80 Prozent des belgischen Exports erwirtschaftet. Der belgische Föderalismus ermöglicht der flämischen Gemeinschaft und Region heute in vielen Bereichen weitgehende Autonomie“, so Huybrechts über die Bedeutung und Besonderheit Flanderns. Gleichzeitig bestehen sehr enge Verbindungen zu anderen Ländern und Regionen: „Antwerpen ist einer der größten Häfen Europas und Flandern damit unter anderem aus wirtschaftlicher Perspektive von strategischer Bedeutung für Nordrhein-Westfalen. Auch im Bereich der regionalen Entwicklung arbeiten Flandern und Nordrhein-Westfalen bei Themen wie Klimaschutz, Verkehr, Energie oder Arbeitsmarkt eng zusammen“, betont der 35-Jährige.
In den kommenden Jahren wird die vom Belgienzentrum eingeworbene Juniorprofessur sich der Geschichte Flanderns von den Anfängen bis in die Gegenwart widmen – sowohl im Rahmen des heutigen Belgiens als auch im Kontext von existierenden und vergangenen Verbindungen zu Nachbarländern, Europa und der Welt. Dabei sollen Aspekte der Politik, Kultur, öffentlichen Finanzen, Wirtschaft sowie des Wissenstransfers unter die Lupe genommen werden.
Feierlicher Start mit besonderen Grußworten
Mit einem kleinen Festakt ist Huybrechts im Oktober in seine Juniorprofessur gestartet. In seinem Vortrag sprach er über Potenziale und Probleme flämischer Verflechtungsgeschichte am Beispiel der Zollerhebung bei Antwerpen. Zu den Gästen zählte u. a. Prof. Dr. Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn, die Huybrechts herzlich zu der besonderen Förderung gratulierte. Nach Paderborn reisten aus diesem Anlass außerdem Nic Van der Marliere, Generaldelegierter von Flandern, und Marianne Van Boxelaere, stellvertretende Generaldelegierte von Flandern.
Digitale Grußworte zur Einrichtung der Juniorprofessur an der Universität Paderborn sandten Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, sowie Ben Weyts, Vizeministerpräsident und Minister für Bildung der Flämischen Regierung, und Prof. Dr. Wim Vandenbussche, Vorsitzender der Internationalen Vereniging voor Neerlandistiek.
Seitens der Universität gratulierten Prof. Dr. Oliver Reis, Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften, Prof. Dr. Sabine Schmitz und Prof. Dr. Johannes Süßmann, Vorsitzende und stellvertretender Vorsitzender des Belgienzentrums, sowie Prof. Dr. Korinna Schönhärl, Sprecherin des Historischen Instituts.
Untermalt wurde die Veranstaltung von Hermann Hickethier und Frank Oberschelp, die flämische Musik der Renaissance und des Barocks zu Gehör brachten.