Es ist mittlerweile Tradition, dass Studierende des Seminars „Einführung in den Musikjournalismus“ (geleitet von Prof. Dr. Christoph Jacke und dem renommierten Musikjournalisten Thomas Venker) im Wintersemester die begehrte Gelegenheit erhalten, nach Berlin zu reisen und in die Welt der experimentellen Musik, Künste und Forschung des CTM Festivals (Club Transmediale) einzutauchen.
Dank der Kooperation zwischen dem CTM Festival und dem Forschungszentrum C:POP konnte ich in diesem Jahr selbst an der Exkursion, die vom 30.01. – 02.02.2025 stattfand, teilnehmen – eine Erfahrung, die sich als besonders bereichernd und abenteuerlich erwies.
Das CTM-Programm bot inspirierende und spannende Vorträge von Künstler:innen und Brancheninsider:innen, die über ihre langjährigen Erfahrungen in der Musikszene berichteten. Ein Beispiel dafür war die Musikerin Softchaos, die aus den USA stammt und derzeit in Spanien lebt. Im Radialsystem sprach sie über die anhaltende Präsenz von Rassismus im Kulturbetrieb sowie die strukturellen Herausforderungen, mit denen Black Artists – insbesondere in der Clubkultur – konfrontiert sind.
Musikalische Erlebnisse bot das Festival nicht nur in den renommierten Berliner Clubs, sondern auch in der meist ausverkauften Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Dort erschufen beispielsweise Ellen Arkbro & Microtub mit Trompete und Tuba eine Klangwelt zwischen Klassik und zeitgenössischer Musik – für manche irritierend, für andere faszinierend.
Die Abende führten schließlich in legendäre Locations wie das Berghain, die Alte Münze oder das RSO.Berlin, wo sich die klanglichen Experimente des Tages in raumästhetisch inszenierten Techno-Landschaften fortsetzten. Hier konnte Musik nicht nur gehört, sondern körperlich erfahren werden – besonders erwähnenswert war der Seminar-Abschlussabend im RSO.Berlin, bei dem unter anderem Marie Davidson und Softchaos auftraten.
Mein persönliches Highlight: „Das Berghain und sein herausragendes Soundsystem haben mich tief beeindruckt. Der Auftaktabend am Exkursions-Donnerstag (30.01.) führte uns in diesen ikonischen Club, dessen rohe, monumentale Architektur uns Seminarteilnehmenden wahrlich ins Staunen versetzte. Besonders die Soundanlage war ein Erlebnis für sich – nie zuvor habe ich eine derart präzise abgestimmte Klangqualität, wie auf dem Main Floor des Berghains gehört.
Wir kamen gerade rechtzeitig für den gemeinsamen Auftritt der Nordenglischen DJ und Produzentin aya und des deutschen Licht-, Video- und Foto-Künstlers MFO an. Die beiden lieferten eine kraftvolle audiovisuelle Performance, die mit ihrem vielseitigen Spektrum an Club-Sounds – von Drill und Jungle bis zu deconstructed Club, Footwork und Techno – überzeugte. Doch nicht nur klanglich war der Auftritt ein Highlight: aya verwandelte das DJ-Pult in eine Bühne, interagierte mit energiegeladenen Bewegungen mit dem Publikum und zog alle in ihren Bann. Für mich der Höhepunkt des Wochenendes.“
Thomas Venker ist eine der prägendsten Stimmen der deutschen Musikszene. Er gründete 1993 das Magazin Harakiri, war langjähriger Chefredakteur des Intro Magazins und schreibt neben seiner Tätigkeit als Co-Verleger und Co-Chefredakteur von Kaput – Magazin für Insolvenz und Pop für zahlreiche Musikmagazine und Tageszeitungen (unter anderem Chart – Notes to Consider, Stadtrevue Köln, taz). Neben seiner journalistischen Tätigkeit betreibt er das Kunst-Musik-Label Edition Fieber und hält Lehraufträge an diversen Hochschulen.
Seine Gedanken zum diesjährigen CTM Festival fasst Thomas Venker wie folgt zusammen:
„Ich besuche das CTM-Festival seit über zehn Jahren konstant. Es ist neben dem Primavera Festival in Barcelona jedes Jahr gesetzt bei mir – und jedes Jahr entdecke ich durch das Festival viele Künstler:innen, die mir zuvor unbekannt waren. Besonders hervorheben möchte ich das Diskurs- und Panelprogramm des diesjährigen CTM Festivals, zu dem auch der Research Networking Day zählt, an dessen Organisation die Universität Paderborn beteiligt ist. Durchweg spannende Präsentationen und Moderationen – was man auch daran merkte, dass die Seminargruppe interessiert dabei blieb und sich viele Vorträge angeregt anhörte.
Was mich zur Exkursion bringt. Ich habe die Gruppe als sehr engagiert und – und das hat mich sehr gefreut – äußerst begeistert empfunden. Ich kann mir gut vorstellen, wie hermetisch fremd das CTM-Programm sich anfangs angefühlt haben muss. Umso toller fand ich es, welche durchaus fordernden Performances sich die Studierenden herausgesucht haben und wie offen, ehrlich und profund sie danach in den Diskurs darüber gegangen sind. Ich bin wirklich schon extrem gespannt auf die Studierenden-Beiträge und die ‚Redaktionssitzung‘ zu diesen.
Von den inhaltlichen Aspekten abgesehen, war es auch schön zu sehen, wie gut die Gruppendynamik funktionierte. Durch das CTM entstand über die Tage hinweg eine enge, redaktionelle Bindung – zumindest ist das mein Eindruck. Was gibt es Schöneres als Kultur als verbindendes Element, das Dialoge eröffnet und gemeinsame Erlebnisse ermöglicht?“
Prof. Dr. Christoph Jacke ergänzt: „Die Pop-Studiengänge der Universität Paderborn und speziell das C:POP – Transdisciplinary Research Center for Popular Music Cultures and Creative Economies freuen sich ganz besonders, dass mit Thomas Venker einer der renommiertesten Musik- und Kulturjournalisten Deutschlands mit der CTM, den Studierenden und mir als Co-Lehrendem eine so produktive Kooperation über die Jahre entwickelt hat – eine Kooperation, die hoffentlich auch im Wintersemester 25/26 fortgesetzt werden kann. Derartige Transferformate zwischen internationaler Forschung, Künsten, Business und Journalismus sind für die universitäre Ausbildung unerlässlich."
Text: Tina Götz